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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0064
St. Fidelis

behalten und herumtragen wolle. Wenn ihr solches tut, so wird der Same des heiligen Wortes
Gottes bei euch nicht auf den Weg, noch auf den Felsen, noch unter die Dörner fallen, sondern
wird fallen in eine gute Erde, das ist in ein gutes Herz, welches mit dem königlichen Propheten
David sagen kann: In corde meo abscondi eloquia tua, ich habe in meinem Herzen deine Rede
begraben, ut non peccem tibi, auf daß ich nicht sündige wider dich, sondern hundertfältige
Frucht bringe in Geduld hier zeitlich und dort dieselbe Frucht in der Ewigkeit. Im Namen des
Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Predigt des Fidelis auf den Freitag nach dem 4. Fastensonntag (zitiert nach:

J.A. Zimmermann: Der heilige Fidelis von Sigmaringen, Innsbruck 1863, S. 180ff)

Thema: erat quidam languescens - Lazarus in Bethania. ]oan[nis] 11 [= Es lag einer krank
darnieder - Lazarus in Bethanien; Joh. 11].

Nach Zeugnis des heiligen Isidors, geliebte Zuhörer, der Löwe, der seine Jungen, nachdem sie
geboren, drei ganze Tage also schlafen hört, als wenn sie tot wären, pflegt dieselbigen mit
seinem Brummlen und Ergrimmden, schreckliches Geschrei, vivicieren und zum Leben auf-
zuerwecken.

Ebenso auch also der unüberwindliche Löwe de tribu Judae [= aus dem Stamme Juda]
Christus, unser Herr, als er vernommen, daß sein vielgeliebter Lazarus tödlich erkranket, ja
gar des Todes entschlafen wäre, hat er sich im Geist ergrimmet und sich selbst betrübet und
bei dem Grab, als ein starker Löwe, mit großer Stimme geschrien: Lazarus, komm heraus, und
ihn, in Kraft dieser seiner göttlichen Stimme und Geschrei, alsbald von dem Tod zu dem
Leben wiederum auferwecket, darob dann viel der Juden stark entsetzt und an Christum zu
glauben angefangen haben. Von dieser Materie, und was wir hieraus zur Besserung unseres
Lebens zu lernen haben, kürzlich zu erklären.

Obgleich wohl alle Werke Christi wunderbarlich gewesen, so ist doch unter allen
Wunderzeichen Christi das Vornehmste gewesen die Auferweckung des Lazarus. Jedoch,
wenn wir wahrnehmen, wer solches getan habe, so sollen wir uns mehr belustigen als
verwundern. Der hat ihn, den Menschen, auferwecket, welcher den Menschen erschaffen hat,
nämlich der eingeborne Sohn Gottes, durch welchen alles, wie ihr wisset, ist erschaffen
worden. Wann derohalben alles ist durch ihn erschaffen worden, darf sich einer nicht
wundern, daß einer ist durch ihn auferstanden, da alleweil durch ihn täglich so viel erschaffen
und geboren werden. Mehr ist den Menschen erschaffen dann auferwecken; nichtsdestoweniger
hat er, Christus, sich gewürdiget, jene zu erschaffen und auferwecken, alle erschaffen zur
endlichen Auferweckung. Und wie auch alle Werke Christi waren voll göttlicher Mysterien,
also dies heutige Mirakel ein großes Geheimnis, nämlich die allgemeine, des ganzen menschlichen
Geschlechtes Heil und Erlösung, welche uns Christus, unser Erlöser, erworben und
verdienet. Denn wie zugleich Lazarus erst nach dem vierten Tage ist wieder zu dem Leben
gebracht und auferwecket worden, also auch der Mensch im vierten Stand, nachdem er jetzt
durch Übertretung des Gesetzes zum drittenmal in die Straf und Pein des ewigen Todes
gefallen, ist von Christo, unserm Erlöser, zu dem Leben der Gnade restituiert und wieder
gebracht worden. Denn Christus, unser Heiland, ist nicht gleich in die Welt gekommen nach
der ersten im Paradies von unsern ersten Eltern begangenen Übertretung wider das Gesetz der
Natur quando omnis caro corrumpat viam suam [= denn alles Fleisch hatte seinen Weg
verderbt auf Erden (l.Mose 6,12)]; noch auch nach der dritten Übertretung, so da geschehen
wider das geschriebene Gesetz, da nämlich schier keiner gefunden wurde, welcher das Gesetz
hielte, inmaßen Christus selbst zu den Juden gesagt: Nonne Mosis vobis dedit legem, et nemo
ex vobis facit legem [= Hat euch nicht Moses das Gesetz gegeben und niemand von euch

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