Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0080
St. Fidelis

wirkungsvolle Predigten auf den früheren Weg der wahren, katholischen, apostolischen und
römischen Kirche zurückgeführt hatte. Demzufolge legten einige von ihnen in Malans und
Maienfeld ein öffentliches Glaubensbekenntnis ab. Andere waren aus innerstem Bestreben
bereit, dasselbe zu tun. Dennoch begann der wahrhaft treue Diener im folgenden Jahre 1622,
als sich die heiligste Fastenzeit näherte, sich mit bemerkenswertem Fleiß und großem Eifer
seiner Berufung zu widmen und die von ihm angefangene Missionstätigkeit fortzusetzen. In
die Herzen des größeren Teils der Prättigauer, nämlich der Leute von Zizers, Malans, Seewis,
Grüsch, Küblis, Maienfeld und der übrigen, die ihn selbst zum Teil schon einmal, zum Teil
wiederholt als Prediger gehört hatten, säte er den Samen des göttlichen Wortes reichlich aus, in
der heiligen Absicht, während der frohen kommenden Osterzeit eine große Ernte zu erzielen
und als treuer Diener freudig sehr viele Früchte in die Scheune seines Herrn einzubringen.

8. So ging er am 14. April tatsächlich von Feldkirch ins Prättigau hinauf, um jene geistliche
Seelenernte einzuholen. Aber dort angelangt, fand er alles in Aufruhr vor: Anschläge,
versteckte Zusammenkünfte, teuflische Parteibildungen. Er traf im Prättigau wider Erwarten
eine sehr gefährliche Situation an. Um in dieser äußerst beängstigenden Lage eine Besserung
zu erreichen, setzte er mit sehr großem Geschick und überaus vorsichtig die letzten Mittel ein.
Inzwischen hatte er nicht ohne Grund einen jähen Ausbruch des Volkszorns und einen
plötzlich ausbrechenden Tumult zu befürchten. Daher wappnete er sich zum voraus, wie ein
starker Held, um im Kampf für den Glauben tapfer zu kämpfen, und bewahrte durch tägliche
Beichte Gott seinem Schöpfer und Erlöser ein reines und unbeflecktes Gewissen, weil er jetzt
seines irdischen Lebens keinen Augenblick mehr sicher sein konnte. Wie mit einer geistigen
Vorahnung unterschrieb er daher wenig zuvor einen Brief an den hochwürdigsten Herrn Abt
von St. Gallen, einen Fürsten des Heiligen Römischen Reiches, wörtlich mit Bruder Fidelis, in
Kürze eine Speise für die Würmer.

[3. Kapitel: Die Wut der Prättigauer gegen den Seligen und schließlich seine grauenvolle
Ermordung durch diese Leute]

9. Seine Auffassung, Einstellung und seine heilige Voraussicht waren nicht unbegründet.
Am 24. April, dem Sonntag vor dem Fest des heiligen Markus, beichtete er bei seinem
Gefährten, dem Pater Br. Johannes [von Grünwangen], und weinte dabei heftig. Dann feierte
er im Dorf Grüsch die heilige Messe und hielt darauf den Leuten eine Predigt. Nun ließ er dort
seinen Gefährten zum Beichthören und zur Unterweisung des Volkes zurück und stieg mit
dem Herrn [Joachim de Colonna, Baron von] Fels, einem Hauptmann des durchlauchtesten
Herrn Erzherzogs Leopold V. von Osterreich, und einigen Musketenschützen zum Dorf
Seewis hinauf, um auch dort das Predigtamt auszuüben.

10. Noch während er predigte, kam unter den Leuten Unruhe auf, wie er selbst bemerkte,
und er begann erneut. Zwei- bis dreimal unterbrach er deswegen die Predigt und schaute zum
Herrn Hauptmann hin, als wollte er ihm etwas Ernstes sagen; dennoch predigte er weiter und
war schon fast fertig, als Prättigauer mit vereinten Kräften »und dem Werk der Ungerechtigkeit
in ihren Fäusten«, nämlich mit allen Arten von Schwertern und Waffen, Musketen,
Lanzen, Stachelkeulen, Mistgabeln und anderem Gerät unerwartet und kampfbereit in die
Kirche stürmten und gegen den Pater Prediger einen Musketenschuß abfeuerten, von dem er
jedoch nicht getroffen wurde. Er stieg nun von der Kanzel herunter, kniete vor dem Altar
nieder und empfahl sich Gott und der jungfräulichen Mutter. Dann ging er gemeinsam mit
dem Herrn Hauptmann durch die Nebentüre hinaus mit der Absicht, sich zu den Schutztruppen
nach Grüsch zu begeben, wo ebenfalls die ganze Umgebung in Aufruhr war und zu den
Waffen gerufen wurde, wie er leicht wahrnehmen konnte.

11. Aber er war kaum drei Steinwürfe weit gegangen, da »liefen die Füße« der Prättigauer
»zur Untat zusammen und beeilten sich, unschuldiges Blut zu vergießen; ihre Gedanken
waren Gedanken des Unheils, auf ihren Wegen lagen Verwüstung und Zerstörung, und den

68


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0080