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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0110
St. Fidelis

Nachher erwarb er zu Freiburg den Doktorograd beider Rechte und übte dann zu Ensisheim
im Elsaß den Beruf eines Advokaten aus.

Sein Sinn jedoch war nicht den weltlichen Gelüsten verhaftet. Die Stimme Gottes in
seinem Innern zog ihn vielmehr auf den Weg der christlichen Vollkommenheit. So verließ er
bald das unruhige Getriebe des Advokatenberufes und die damit verbundenen gefährlichen
Beschäftigungen, um sich durch Empfang der heiligen Weihen und Eintritt in den Orden der
Minderbrüder Kapuziner ganz dem Dienste Gottes zu widmen. Und er erreichte dieses
Doppelziel. Er feierte mit größter Andacht sein erstes heiliges Meßopfer, und zwar gerade am
Feste des hl. Franziskus, und empfing darauf Kleid und Lebensweise der Kapuziner und den
Namen Fidelis (vorher hieß er Markus), einen Namen, der gleichsam ein Vorzeichen war für
die herrliche Treue, die er Gott und der Kirche bis zum Tode wahren sollte.

Nachdem er sich während der ganzen Probezeit durch die Übung aller Tugenden bestens
vorbereitet hatte, legte er die Gelübde der evangelischen Armut, der Keuschheit und des
Gehorsams ab. Und zwar tat er dies in solcher Gesinnung, daß er es fortan stets zu den
größten Wohltaten, die Gottes Güte ihm erwiesen hatte, rechnete, zu diesen Gelübden
berufen und zugelassen worden zu sein. Deswegen bemühte er sich dann auch in jeder
Hinsicht um ihre Erfüllung. Das tat er als einfacher Ordensmann, indem er sich mit größtem
Eifer und mit Demut der klösterlichen Zucht unterwarf. Das tat er auch später, da ihn der
Gehorsam zum Obern bestellte, so längere Zeit für das Kloster in Feldkirch, und so erwies er
sich auch als vollendeten Lehrer der Vollkommenheit für andere. Er war voll brennenden
Eifers für die Ehre Gottes und das Heil der Seelen, unermüdlich im Ermahnen seiner
Mitbrüder zur Frömmigkeit und zur Eintracht, mild und zugleich entschieden im Zurechtweisen
, in der Sorge für seine Untergebenen und zu deren Erleichterung stets bereit, auch
niedrigste Arbeiten demütig zu verrichten.

Um seine eigene Vervollkommnung und um sein Heil war er über alles besorgt. So befliß
er sich mit außerordentlicher Hingabe des betrachtenden Gebetes. Deswegen pflegte er in der
Kirche zu verbleiben, wenn seine Mitbrüder nach Verrichtung des nächtlichen Chorgebetes
sich zur Ruhe begaben, und verharrte vor dem Hochwürdigsten Gute kniend bis zur
Morgenfrühe. Ebenso war er gewöhnt, neben den kanonischen Tagzeiten auch noch das
Offizium zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria und jenes zu Ehren seines Ordensvaters
Franziskus täglich zu verrichten. Mit inständigen Bitten erflehte er von Gott besonders die
Gnade, ein Leben frei von Sünden führen zu können. Und damit er dieser Gnade eher
gewürdigt werde, züchtigte er seinen Leib mit Bußgürteln und andern Bußübungen und
beobachtete ein sozusagen andauerndes Fasten; er begnügte sich nicht damit, die in seinem
Orden vorgeschriebenen Fasten, die sich bekanntlich auf einen großen Teil des Jahres
ausdehnen, aufs genaueste zu halten, sondern er verschärfte dieses Bußwerk dahin, daß er in
den üblichen Fastenzeiten des Advents und der Quadragesima und an den Vortagen einiger
Heiligenfeste sich jeder gekochten Nahrung enthielt, das übrige Jahr hindurch an den
Montagen, Mittwochen und Freitagen nur etwas Gemüse aß und an den Vortagen er Feste der
Mutter Gottes und der Heiligen aus dem Franziskusorden nur Brot und Wasser genoß; und
meistens nahm er die Nahrung erst abends zu sich. Was dann das Ausruhen anbelangt, so
gönnte er sich nur drei, höchstens vier Stunden Schlaf und brachte die übrige Zeit der Nacht
mit Beten, Studieren und Ausarbeiten von Predigten zu.

Da der Diener Gottes Fidelis durch die erwähnten und andere Tugendübungen mit solcher
Hingabe und Ausdauer sich der Pflege des inneren Lebens widmete, können wir es kaum
genug bewundern, daß der gleiche Mann in weitherzigster Liebe sich so vollständig der Sorge
für das Seelenheil der Mitmenschen hingab, daß es fast scheint, dies sei zeit seines Lebens der
einzige Gegenstand seines Tuns und Denkens gewesen. Schon von den ersten Ordensjahren an
wurde er, nach Vollendung des theologischen Studiums, mit dem Beichthören und dem
Predigen des Wortes Gottes beauftragt. Und es läßt sich kaum beschreiben, mit welcher
Hingabe und Opferbereitschaft, mit welchem Freimut und Eifer, mit welcher Ausdauer und

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