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St. Fidelis

infolge einer gewissen natürlichen Tapferkeit schon standhaft ertragen worden sind? Diese
Standhaftigkeit also verlieh seinem Kämpfer jener, der für ihn zuvor am Kreuze sein Blut
vergossen hatte.

Kaum hatte sich nun Fidelis ein wenig von der Kirchtüre entfernt, da umringt ihn die Schar
der Gottlosen. Mit Schwertern, Lanzen und eisenbeschwerten Knütteln bewaffnet, fallen sie
nach Art wilder Tiere über ihn her, bringen ihm mehr als zwanzig Wunden bei und
zerschlagen ihn so auf schreckliche Weise. Jener aber empfing mit ruhigem Antlitz die
entsetzlichen Streiche, erhob, so gut er konnte, sein Auge zum Himmel, hocherfreut darüber,
daß es ihm gegönnt war, für den Glauben der Kirche eines glorreichen Todes zu sterben, und
gab in die Hände Gottes, dem alles lebt, seinen Geist auf.

Die unüberwindliche Standhaftigkeit, mit der Fidelis den Tod erduldet hatte, und seine
christliche Seelengröße, für die selbst seine Mörder gewiß unverdächtiges Zeugnis ablegten,
riefen sogar bei den Häretikern Staunen hervor. Einer aus ihnen wurde dadurch innerlich so
ergriffen, daß er bald darauf aus einem Lehrer des Irrtums zu einem Schüler der Wahrheit
wurde. Den Katholiken aber waren die Heiligkeit seines Lebens, die Wahrheit seiner Predigt
und die eigentliche Ursache seines kostbaren Todes erst recht offenkundig, und so zögerten sie
keineswegs Fidelis als Märtyrer zu betrachten und seine Fürbitte bei Gott in ihren Nöten und
Anliegen anzurufen. So wurde denn nach sieben Monaten der gemarterte Leib des hl. Fidelis
von jenem Ort, wo er zuerst begraben worden war, in feierlichem Geleite unter dem Schutz
der österreichischen Truppen in die Kirche von Chur übertragen, von woher der gesamte
Klerus und das Volk dem Zug entgegenkam.

Und der Allerhöchste zögerte nicht, durch Zeichen und Wunder kundzutun, wie angenehm
ihm die seinem Märtyrer erwiesenen Ehrenbezeugungen seien und wie wohlgefällig er
auf dessen Fürsprache hin Opfer und Gebete der Gläubigen aufnehme. Im besondern durfte
auch das Heer des Erzherzogs von Österreich, das bald nachher gegen die rebellierenden
Häretiker jener Gegend ins Feld zog, nicht nur den Schutz des hl. Fidelis, als eines
unsichtbaren Helfers, erfahren; vielmehr durfte es unter seiner sichtbaren Führung einen
glänzenden Sieg über die Feinde davontragen: Während des Kampfes sahen nämlich viele
Soldaten und selbst der Anführer der Häretiker den hl. Fidelis in glänzendem Lichte und mit
gezücktem Schwerte auf sich eindringen. Und bald bekannten unzählige Gläubige, die sich der
Fürbitte des Märtyrers anempfohlen hatten, daß sie Erhörung erlangten, und zwar auch in
Anliegen, welche die Kräfte der bloßen Naturordnung überstiegen. Dieser Ruf verbreitete sich
von Tag zu Tag mehr und mehr in der ganzen Kirche.

Das veranlaßte auch den Apostolischen Stuhl, sich der Sache anzunehmen. Bersondern
Ansporn dazu gaben auch die Kardinäle, die der Heiligen Kongregation für die Glaubensverbreitung
vorstehen; betrachteten es diese doch als eine hohe Ehre, in Fidelis den ersten
Blutzeugen unter den Missionären, die seit Bestehen dieser Kongregation ausgesandt worden
waren, zu besitzen. So sollte denn durch den üblichen Untersuch und kirchlichen Prozeß kraft
apostolischer Autorität festgestellt werden, ob Fidelis tatsächlich um des Glaubens willen das
Martyrium erduldet habe und ob es nach den strengen Normen der kirchlichen Disziplin
rechtmäßig erwiesen sei, daß auf seine Fürbitte von Gott Wunder gewirkt wurden; damit
sollte entschieden werden, ob ihm auf Erden mit den andern Märtyrern, in deren Schar er in
den Himmel aufgenommen worden war, die entsprechende Verehrung von der Kirche
dargebracht werde dürfe.

So wurde denn zur Zeit unseres Vorgängers Urbans VIII., seligen Andenkens, und auf sein
Geheiß und seinen Befehl hin dieser Untersuch begonnen und fast während eines Jahrhunderts
fortgesetzt. Auf besonderes Ersuchen Karls VI., spanischen und römischen Königs und
erwählten Kaisers, und unserer in Christus geliebten Tochter Elisabeth Christina, spanischer
und römischer Königin, damals Gattin Karls VI., jetzt verwitwet, und anderer hochgestellter
Fürsten, auf Antrieb auch der oben erwähnten Kongregation für die Glaubensverbreitung und
einer großen Zahl von Bischöfen und anderer hochgestellter Persönlichkeiten aus den deut-

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