Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0139
St. Fidelis

Die Kirche und die Heiligen in der Zeit unmittelbar vor dem Ausbruch der
Revolution im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen (Aus: Predigt auf das Fest des
heiligen Fidelis von Sigmaringen Märtyrers, gehalten am Patrozinium den dritten
Sonntag nach Ostern in der Pfarrkirche zu Sigmaringen von Thomas Geiselhart,
Stadtpfarrer in Veringenstadt, Sigmaringen [1847], S. 6ff.)

Der Glaube ist bei solchen Menschen augenfällig unerschütterlich und probehaltig und die
Liebe glühender und opferwilliger als bei gewöhnlichen Menschen.
Es sind dieses die Heiligen der Kirche.

Heute begehen wir nun festlich das Andenken an einen solchen Heiligen, der ein
besonders fruchtreicher Zweig an dem Weinstocke war. Allein gerade das Ungewöhnliche, das
besonders Hervorragende, und wie man es nennt, das Ueberspannte, was uns in dem Leben
der Heiligen und auch in dem des heiligen Fidelis begegnet, sagt der hausbackenen Verständigkeit
des jetzigen Geschlechtes wenig zu; was in dem Gebiete der Religion, nicht recht
nüchtern und alltäglich ist, gilt sogleich als Schwärmerei und Ueberspannung - jedem
ungewöhnlichen Eifer für die Sache Christi und seiner heiligen Kirche wird ein eigennütziger
Zweck unterschoben ... Und doch, wenn es für etwas erlaubt ist, zu entflammen, zu streben,
zu dulden, zu sterben, so ist es für die Schützerin und Bewahrerin desselben, für die größte
und älteste Anstalt auf Erden, für unsere heilige katholische Kirche.-

Darum hat die Kirche solche eifrigen Menschen von jeher ausgezeichnet, und nicht nur
nicht anempfohlen, mit der gewöhnlichen Rechtschaffenheit zu begnügen, sondern sie hat
nach dem Beispiele des Herrn immer angerathen, nach größerer Vollkommenheit zu streben.

Daher die drei evangelischen Räthe. Ja es gibt Zeiten, und für eine solche halte ich die
unsrige, wo diese Räthe nicht genug empfohlen werden können. Eine solche Zeit war auch
diejenige, in welcher der heilige Fidelis lebte, der auch diesen Räthen nachgekommen ist. Wir
wollen daher heute unter dem Beistande Gottes betrachten: die evangelischen Räthe gegenüber
den Bestrebungen in unserer Zeit, und zwar

1) die freiwillige Armuth,

2) die freiwillige Keuschheit,

3) den freiwilligen Gehorsam ...

So sezt die katholische Kirche den drei Grundübeln in der Welt drei Tugenden scharf
entgegen - der Begierlichkeit der Augen die freiwillige Armuth, der Begierlichkeit des
Fleisches - die freiwillige Keuschheit, und der Hoffart des Lebens den freiwilligen Gehorsam
...

Ob es zwar in unsern Tagen auch nothwendig ist, den dritten Rath, den des freiwilligen
Gehorsams, anzuempfehlen? Wenn wir das Streben und Treiben der Menschen beobachten;
wenn wir die Erscheinungen des Tages nicht gedankenlos an uns vorübergehen lassen; wenn
wir auf die Klagen hören, welche von Vorgesezten jeder Art ausgehen: - so werden wir nicht
verhehlen können, daß die Unbotmäßigkeit, das Auflehnen gegen jede Obrigkeit, mit einem
Wort der Ungehorsam - ein Grundgebrechen unserer Zeit ist, daß eben Jeder befehlen und
Keiner gehorchen will ...

Aber wie kommt es, daß gerade in unserer Zeit diese evangelischen Räthe gleichsam wieder
mehr hervorgesucht werden und daß die Kirche überhaupt immer dringender wird und ihre
Macht geltend zu machen sucht? - .. .Wie ein gewaltiger Sturm droht Augenlust, Fleischeslust
und Hoffart des Lebens hereinzubrechen und der Ordnung der menschlichen Gesellschaft die
Zerrüttung und den Umsturz zu bereiten, - darum treibt der Weinstock die Rebschosse mit
besonderer Kraft nach jener Seite, woher der Sturm droht. -

Wer wird siegen? - Für die Zeit und die menschlichen Verhältnisse weiß ich es nicht; aber
Fidelis wurde getödtet und heute ehrt man in der Christenheit sein Andenken, und in Ländern
und Erdtheilen, wohin nur in seinem Namen auch der Name seiner Vaterstadt Sigmaringen
getragen wurde, wird er gepriesen und seine Fürbitte angefleht und, wie es in der heutigen

127


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0139