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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0196
Wilfried Schöntag

dertschaft von der Karolingerzeit bis in das hohe Mittelalter und eine Verbindung dieser
Bezirke mit den vom König vergebenen flächenhaft vorgestellten Grafschaften91 angenommen
wurde, konnte den Grafen von Zollern von der ersten Nennung an ein festum-
rissenes Herrschaftsgebiet zugeschrieben werden. Heute werden diese Theorien stark
angezweifelt, da die Beziehungen zwischen Gauen und Grafschaften (comitatus) nicht
ausreichend geklärt sind92. Weiterhin sind die Amter und Herrschaftsrechte immer wieder
an Mitglieder verschiedener Familien übertragen worden und müssen von dem jeweiligen
Allodialbesitz getrennt werden93. Auch geht die Forschung heute davon aus,
daß die Vorstellung der flächigen Grafschaft nicht mehr aufrechterhalten werden kann94.
Einzelne Grafen treten an verschiedenen Gerichtsorten auf, die in verschiedenen bisher
als flächig angenommenen Grafschaften liegen. Umstritten ist derzeit, was die Amtsgewalt
der Grafen ausgemacht hat, nachdem das Amt seit dem 11. Jahrhundert immer stärker
ausgehöhlt worden ist. Der Amtstitel, der sich ursprünglich von der Ausübung eines
Comitats herleitete, wurde in einer Familie erblich95.

Betrachten wir eine Karte der Bezirksnamen des 8. bis 12. Jahrhunderts und der
frühen Grafschaftsnennungen96, so zeigt sich, daß die Burg Zollern am Schnittpunkt der
alten Grafschaften (comitatus) Scherra, Bara (um Oberndorf gelegen) und des Nordteils
der Baar, des späteren Nagoldgaus, liegt. Im Norden schlössen die Hattenhuntare, im
Osten der pagus Burichinga an. Dieser »Baar- und Huntaren-Komplex in Innerschwaben
(spiegelt) einen älteren Zustand , der wahrscheinlich auch auf urtümlichen Rechtsverhältnissen
beruht, die jedoch im Hochmittelalter offenbar wenig nachgewirkt haben
«97. Durch umfangreiche Schenkungen vor allem der Grafen Berthold, Gerold und
Adalbert am Ende des 8. und Anfang des 9. Jahrhunderts an die Abteien St. Gallen und
Reichenau waren zahlreiche Besitzungen der Grafengewalt entzogen worden. Den Vögten
über dieses Kirchengut, die gleichzeitig auch Lehnsträger von Kirchengüter waren,
war damit die Möglichkeit eröffnet, Herrschaft auszuüben und eigene Herrschaften aufzubauen
. Königliche Orte, wie sie Borgolte definiert, waren in diesem Raum nur noch
Truchtelfingen bei Ebingen, Bisingen und Schörzingen98. Neue herrschaftliche Strukturen
hatten sich gebildet. Auf diesem Hintergrund ist es zu verstehen, daß die hochmittel-

91 Ebenda 2 S. 31 f.; Ludwig Eglers Chronik der Stadt Hechingen. Auf der Grundlage einer Bearbeitung
von Maximilian Rudolf von Ehrenberg bearbeitet von Walter Sauter, Bruno Ewald
Reiser. Hechingen 1980. S. 3.

92 Hans Jänichen, Bezirksnamen des 8. bis 12. Jahrhunderts, in: Historischer Atlas von Baden-
Württemberg, Erläuterungen zu Karte IV,3 . 1972. S. 1.

93 Hans Jänichen, Baar und Huntari, in: Vorträge und Forschungen Bd. 1: Grundfragen der alemannischen
Geschichte, Mainauvorträge 1952. 1953, S. 83-151, vgl. Zusammenfassung S. 147 ff.

94 Michael Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit (Vorträge und
Forschungen Sonderband 31). 1984; dazu kritisch K. H. Schulze, Grundprobleme der Grafschaftsverfassung
, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 44, 1985, S. 265-282.

95 Helmut Maurer, Land zwischen Schwarzwald und Randen im frühen und hohen Mittelalter.
Königtum, Adel und Klöster als politisch wirksame Kräfte (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte
16). 1965. S. 114 mitLit.

96 Jänichen, Bezirksnamen (wie Anm. 92), Karte IV,3; Ders., Baar (wie Anm. 93) S. 97 Karte 1: die
Westbaar; vgl. Das Land Baden-Württemberg (Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden
) Bd. 6. 1982. S. 444 f.; Bd. 7. 1978. S. 171 f.; Rudolf Seigel, Die alten Herrschaftsgebiete des
Zollernalbkreises, in: Der Zollernalbkreis. Heimat und Arbeit. 2. neubearbeitete Aufl. 1989.
S. 79-124, hier S. 83 f. mit Karte S. 85.

97 Jänichen, Bezirksnamen (wie Anm. 92), Beiwort S. 2.

98 Michael Borgolte, Das Königtum am oberen Neckar (8.-11. Jahrhundert) in: Zwischen
Schwarzwald und Schwäbischer Alb. Das Land am oberen Neckar. Hrsg. Franz Quarthal. 1984.
S. 67-110, bes. S. 98 ff., Karte S. 95.

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