Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0248
Frank Raberg

Der tiefgreifende Dissens zwischen den USA und Frankreich über die territoriale Zusammensetzung
ihrer Besatzungszonen in Deutschland endete vorläufig im Juni/Juli
1945, als die Einigung erzielt wurde, daß die Franzosen aus Karlsruhe und Stuttgart ab-
und sich hinter die durch die Autobahn Karlsruhe-Pforzheim-Stuttgart-Ulm gebildete
»Grenzlinie« zurückziehen sollten. Auf diese Weise gerieten die südlichen Landkreise
Württembergs und Badens unter französische, die nördlichen unter US-amerikanische
Herrschaft. Diese dergestalt festgeschriebene Zonengrenze »zerriß ein geographisch,
wirtschaftlich, landsmannschaftlich und historisch eng zusammengehörendes Gebiet«.15
Im Gegensatz zu den Amerikanern, die bereits im September 1945 die nördlichen Teile
Badens und Württembergs zum Staat Württemberg-Baden zusammenfaßten, entschieden
sich die Franzosen dafür, in Südbaden und Südwürttemberg jeweils eigene Verwaltungen
zu schaffen. Deshalb wurde am 16. Oktober 1945 das sogenannte »Staatssekretariat
für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns« gebildet,
dessen Mitglieder unter dem Vorsitz des Staatsrats Professor Dr. Carlo Schmid
(1896-1979) - der auch Mitglied der württemberg-badischen Landesregierung war -, als
»Landesdirektoren« (seit Dezember 1946 als Staatssekretäre) figurierten und in der Besoldung
eine Stufe unter den Stuttgarter Ministern rangierten, um auch auf diese Weise
die Inferiorität dieser Einrichtung gegenüber der Stuttgarter Regierung zu dokumentieren
.

Artikel I des Statuts des Staatssekretariats lautet: »Während des Ruhens der Staatsgewalt
der Württ. Landesregierung in Stuttgart in dem französisch besetzten Gebiet übt
das Staatssekretariat für die Landesregierung die Staatsgewalt in der französisch besetzten
Zone Württembergs aus. Seine Zuständigkeit erstreckt sich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung
außerdem auf das Gebiet des Landes Hohenzollern«.16 Der letzte
Satz legt nahe, das Staatssekretariat - selbst ja nicht mehr als eine Notkonstruktion in
staatsrechtlich Undefinierter Situation - habe seine Zuständigkeit eher »willkürlich« auch
auf das staatsrechtlich ja zu Preußen gehörende Hohenzollern ausgedehnt. Es war dem
aber nicht ganz so. Denn als Landesdirektor für Arbeit und Vertreter Hohenzollerns
gehörte Clemens Moser17, die Galionsfigur hohenzollerischer Interessenwahrung in der

15 Reinhard Mussgnug: Die Anfänge Baden-Württembergs in verfassungsrechtlicher und verfassungsgeschichtlicher
Sicht. In: ZWLG 43 (1984), S. 374^05, hier S. 377.

16 Das Statut ist abgedruckt im ASt Nr. 1 (wie Anm. 12), S. 2.

17 Moser (1885-1956), geboren in Hausen am Andelsbach und damit gebürtiger Hohenzoller, war
zunächst ab 1919 Studienassessor, seit 1927 Studienrat am Hechinger Reformgymnasium, parteipolitisch
hatte er sich dem Zentrum angeschlossen und gehörte von 1922-1933 als Abgeordneter dem
Hohenzollerischen Kommunallandtag an. 1933 wurde Moser, der seit 1926 - zunächst bis 1930 nur
als stellvertretendes Mitglied - auch dem Preußischen Staatsrat angehörte, aus politischen Gründen
aus dem Schuldienst entlassen und arbeitete beim Finanzamt Sigmaringen. Im Mai 1945 berief ihn
der französische Kreisgouverneur zum Landrat von Hechingen, doch schon wenige Wochen später
wurde er zum »(Regierungs-)Präsidenten von Hohenzollern« ernannt. Als solcher trat Moser als
Landesdirektor für Arbeit in das Staatssekretariat ein, verblieb auch nach der im Dezember 1946 erfolgten
Umbildung des Staatssekretariats im Amt und schied erst im Juli 1947 aus. Per Rechtsanordnung
des Staatssekretariats vom 15. März 1946 über die »Überweisung der Aufgaben des Regierungspräsidenten
in Sigmaringen an das Staatssekretariat für das französisch besetzte Gebiet Württembergs
und Hohenzollerns und über die Errichtung der Stelle eines Landeshauptmanns beim
Landeskommunalverband Hohenzollern« (ASt Nr. 5 (1946) vom 27. April 1946, S. 42) wurde die
»Autonomie« der Hohenzollerischen Lande weiter eingeschränkt. Landeshauptmann wurde Moser,
der dieses Amt bis 1949 bekleidete. Vgl. die Materialsammlung über Moser in der Persönlichkeiten-
Dokumentation des Archivs des Landtags von Baden-Württemberg (Stuttgart), Referat II/4 (Informationsdienst
), sowie Günther Bradler: Aspekte des südwestdeutschen Regionalismus. Der
bayerische Landkreis Lindau und die Hohenzollerischen Lande in der Südweststaatdiskussion. In:
BzL 6 (1981), S. 8-14, hier bes S. 12ff. Vgl. außerdem die Kurzbiographie bei Josef Mühlebach:

236


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0248