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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0259
Franz Gog

kel der württemberg-badischen Verfassung zu übernehmen, abgelehnt hatten. Der KPD-
Vertreter schloß sich dem Rückzug der SPD-Kollegen an.

Franz Gog trug allem Anschein nach die grundsätzlichen Formulierungen des Entwurfs
Bock-Niethammer zu Staat und Gesellschaft, die im wesentlichen von der Erfahrung
des im »Dritten Reich« unterdrückten katholischen Christentums geprägt waren,
voll mit. Dem von Lorenz Bock artikulierten Staatsverständnis von dem in das weltumspannende
christliche Sittengesetz eingebundenen Staat pflichtete Gog eifrig bei und betonte
die Auffassung der CDU, daß der Staat als primäre Staatsordnung in erster Linie das
Wohl des Staates zu verfolgen hat1*. Das Staatsverständnis der SPD unterschied sich davon
ganz erheblich und wurde vom Abgeordneten Roser dahingehend auf den Punkt gebracht
, daß der Staat als Ordnungssystem von Menschen für Menschen gedacht und damit
in seiner Unvollkommenheit keine göttliche Ordnung darstelle. Bei solch divergierenden
Grundsatz-Vorstellungen - die bei den württemberg-badischen Verfassungsberatungen in
dieser Virulenz schon allein deshalb nicht zutage getreten waren, weil die Zusammensetzung
im Verfassungs-Ausschuß ausgeglichener war und die CDU dort einen vergleichsweise
»liberaleren« Kurs vertrat - verwundert es nicht, daß der württemberg-ho-
henzollerische Ausschuß »platzte«. Denn auch die DVP-Abgeordneten Eduard Leuze
(1906-1973) und Friedrich Haux (1887-1966) verließen - am Abend des 19. März 1947 -
den Ausschuß, als sie Änderungen am Entwurf in bezug vor allem auf die Position des
starken Staatspräsidenten und der Regierung angeregt und die CDU dies abgelehnt hatte.

Nun war die CDU mit der Beratung ihres eigenen Entwurfes unter sich. Das Groteske
dieser Situation hat wohl niemand besser erfaßt als Franz Gog, der seinen auch von
Nüske konstatierten »etwas hintergründigen Humor« einbrachte und das nun folgende
reine Vorlesen und Zustimmen damit ironisch zu brechen versuchte. Er wies etwa beim
Art. 48 (Notverordnungsrechte des Staatspräsidenten) darauf hin, daß dieser Artikel in
der Weimarer Reichsverfassung von 1919 die gleiche Nummer getragen habe, was eine
wunderbare Fügung sei, denn da müßten die Juristen nicht umlernen. Überhaupt fand
Gog erst an diesem 19./20. März zu seiner Form und brachte seine Gedanken voll in die
Arbeit ein. Allem Anschein nach war sich Gog der besonderen Verantwortung der CDU,
den Entwurf nun allein unter Zeitdruck zu Ende zu beraten und ihn dann der Militärregierung
vorzulegen, bewußt. Mehrfach wies er seine Kollegen im Verlauf der Marathon-
Sitzung darauf hin, daß es nicht angehen könne, nach dem Auszug der anderen Parteien
nach dem Prinzip »Weiter so!« fortzufahren und forderte eine umsichtige und maßvolle
Beratung. Bisweilen nahm er sogar Änderungsanträge anderer Fraktionen zur Hand und
verlas sie zum jeweiligen Artikel. Hier kam bei Gog sicherlich auch eine Art Galgenhumor
zum Tragen, nachdem er erkennen mußte, daß seine auf Ausgleich gerichteten Interventionen
nichts fruchteten. Bock und Niethammer gaben in der Ausschuß-Sitzung den
Ton an und versuchten mit Nachdruck, ihre Maximalforderungen in bezug auf die Verfassung
durchzusetzen. Änderungsvorschläge grundsätzlicher Art aus den eigenen Reihen
wurden unwillig angehört und rasch abgeschmettert.

Signifikant wurde diese Haltung nochmals, als Gog im Zusammenhang mit den Artikeln
, die sich mit dem Staatsgerichtshof67 befaßten, mehrere Änderungsvorschläge unterbreitete
. Er schlug vor, im Zusammenhang mit der personellen Zusammensetzung des
Gerichtshofes nicht von zwei Oberlandesgerichtsräten, sondern von zwei Mitgliedern
des Oberlandesgerichts zu sprechen. Niethammer argumentierte, daß es wichtig sei, daß
hier nur planmäßig angestellte Richter zur Verwendung kommen sollten. Der Antrag

66 Ebd. und zitiert bei Nüske (wie Anm. 14), S. 251.

67 Im Entwurf Art. 61-64, in der Verfassung Art. 64-67. Protokoll (wie Anm. 65), S. 87/88; vgl.
auch die Schilderung bei Nüske (wie Anm. 14), S. 259 f., und bei Schüle (wie Anm. 52), S. 27 ff.

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