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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0261
Franz Gog

Staatsgewalt den Volkswillen nicht genügend berücksichtigte, verbunden mit der Festsetzung
der Landtagswahl und der Volksabstimmung über den Verfassungsentwurf auf dem
18. Mai.

Dieser einmalige Vorgang in der deutschen Geschichte der Nachkriegszeit wäre einer
eigenen Untersuchung wert. An dieser Stelle sei nur darauf hingewiesen, daß die Militärregierung
in Tübingen entweder direkt oder über die Kreisgouverneure zu den einzelnen
Abgeordneten des Verfassungs-Ausschusses im März Kontakt gehalten und Erkundigungen
eingeholt hatte, so daß sie zweifellos über den Stand der Beratungen bestens informiert
war.68 Es ist zu vermuten, daß sie durch ihre Ablehnung und die Schaffung erneuten
Zeitdrucks die Parteien wieder zur Zusammenarbeit zwingen und damit einen
Verfassungsentwurf erreichen wollte, der auf breiterem Fundament gründete als der zuerst
vorgelegte. Wie dem aber auch immer gewesen sein mag: Es gelang, die Mitglieder
des Verfassungs-Ausschusses wieder an einen Tisch zu bringen, wobei der Sozialdemokrat
Carlo Schmid und der Christdemokrat Gebhard Müller Sorge dafür trugen, daß es
nicht noch einmal zu ener Eskalation kommen konnte, indem sie, obwohl sie dem Ausschuß
gar nicht angehörten, als Gäste einigen der folgenden Sitzungen im April beiwohnten
.69

Für Gog bedeuteten auch die weiteren Sitzungen des Verfassungs-Ausschusses nichts
anderes als seine Feuerprobe als Politiker und Spezialist für Verfassungsfragen aus der
jüngeren Generation der CDU. Hier erwarb er sich sein hohes Ansehen, weil er sachkundig
zu argumentieren verstand und versuchte, zwischen der CDU und den anderen
Parteien zu vermitteln. Dies führte dazu, daß er mit neuen Aufgaben betraut wurde: So
zwang das Vorgehen der zonalen französischen Militärregierung seit Februar 1947 in be-
zug auf eine Änderung der Verfahren zur politischen Säuberung die Regierung und die
Landesversammlung von Württemberg-Hohenzollern zum raschen Handeln. Nun war
die Einteilung der zu prüfenden Personen in fünf Gruppen und die Errichtung von
Spruchkammern gefordert worden.70 Nach der Debatte im Plenum der Landesversammlung
wurde beschlossen, die neue Rechtsanordnung einem Ausschuß zu überweisen.
Dieser Ausschuß zur Beratung der Rechtsanordnung für die politische Säuberung« wurde
am Ende der Plenarsitzung vom 1. April 1947 gebildet. Gog gehörte ihm als einer von
sieben CDU-Vertretern an.71 Er kam am 16. April zu seiner ersten und einzigen (nichtöffentlichen
) Sitzung zusammen, in der Gog sich nicht ganz auf der Höhe der Problematik
zeigte, da er noch in eine grundsätzliche Debatte der französischen Vorlage einsteigen
wollte, was Renner mit der Feststellung zurückwies, er gelte, auf der Grundlage der Vorlage
zu verhandeln, da eine Korrektur der Vorlage völlig aussichtlos sei.72 Die neue
Rechtsanordnung wurde vom Tübinger Staatssekretariat unter dem Diktat der Militärre-

68 Dies legte auch Gog in seiner Rede als Berichterstatter (wie Anm. 47), S. 3 nahe, als er sagte:
»Kreisgouverneure der Militärregierung hatten nämlich mit Abgeordneten des Verfassungsausschusses
Gespräche aufgenommen und jedem einzelnen die Wünsche der Militärregierung angemeldet
. Diese Wünsche betrafen vor allen Dingen den Senat oder den Staatsrat, dann Fragen der Schule,
der Volksschule, ob christliche Schule oder Simultanschule, ob christliche Gemeinschaftsschule
oder Bekenntnisschule«.

69 Nüske (wie Anm. 14), S. 276.

70 Nähere Erläuterungen bei Klaus-Dietmar Henke: Politische Säuberung unter französischer
Besatzung. Die Entnazifizierug in Württemberg-Hohenzollern (Schriftenreihe der Vierteljahreshefte
für Zeitgeschichte 24). 1981. S. 136 ff. Vgl. auch die Ausführungen von Innenstaatssekretär Renner
in BVLWH, 9. Sitzung (1. April 1947), S. 1-5.

71 VBLWH, 9. Sitzung (1. April 1947), S. 17.

72 Protokoll der Ausschuß-Sitzung im St AS, Wül/32. Knappe, alle wesentlichen Punkte reflektierende
Zusammenfassung bei Henke (wie Anm. 70), S. 144 ff.

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