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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0280
Frank Raberg

kretere Formulierungen im Bereich der Mitbestimmung drangen, abzulehnen, kann dabei
nicht verwundern, ebensowenig wie die Tatsache, daß ihm die meisten Abgeordneten
darin folgten. Im Rahmen der Zweiten Beratung des Beamtengesetzes ergriff der CDU-
Fraktionsvorsitzende am 24. März 1949 gleich als erster das Wort, um dazu Stellung zu
beziehen und vor allem Bedenken zu zerstreuen, ein solches Gesetz gerade jetzt, kurz
vor Konstituierung eines westdeutschen Staates zu verabschieden. Außerdem werde gegen
ein württemberg-hohenzollerisches Beamtengesetz ins Feld geführt, das Beamtengesetz
der Bizone - in welchem etwa ein striktes Verbot für Beamte als Mitglieder gesetzgebender
Körperschaften ebenso festgeschrieben war wie die Möglichkeit von »Seiteneinsteigern
« in den öffentlichen Dienst, um den hohen Anteil von Juristen zurückzufahren
- sei fortschrittlich und solle als Vorbild dienen.150

All dies war so gar nicht das, was Gog sich unter einem Beamtengesetz vorstellte. Er
wurde nun beinahe demagogisch, als er beklagte, man könne den Eindruck gewinnen,
daß eben gerade das gilt, was neuartig und von fernen Ländern geholt ist und daß im eigenen
Land gediegen Gewachsenes als nicht »weit her« abgetan wird. Wir dagegen stehen
auf dem Standpunkt, daß das in unseren Verhältnissen in unserem Volk Gewachsene die
für uns beste Regelung darstellt, daß das Gute nicht von weit her, gar von jenseits des
Ozeans geholt werden muß und daß diese Regelungen genau besehen so wenig fortschrittlich
sind wie manche aus dem Osten importierten. Nach diesen patriotischen und
die Westalliierten nicht eben pfleglich behandelnden Worten lobte er - wie konnte es anders
sein - den Regierungsentwurf als solide und fortschrittlich. Er sang das Hohelied des
Beamtentums als Rückgrat eines funktionierenden Rechtsstaates, als hätte es sich nicht
als willfähriges Rückgrat des Hitler-Staates erst soeben gründlich kompromittiert. Gog
ließ sich nur herbei, in einem Nebensatz auszuführen, daß ein Höchstmaß von staatsgetreuer
Ergebenheit, ein Mitgehen des Beamten mit dem Herzen, ein persönlicher Einsatz
des Beamten für die Staatserhaltung nur erwartet werden könne, wenn der Beamte nicht
als seelenloser Automat seine Geschäfte besorgt, wenn er sich nicht zum Grundsatz
macht, jeden Staat gleich gut bedienen zu können, wenn er nicht einfach mechanisch Gesetze
anwendet und auslegt, sondern wenn er eine innere Entscheidung für den Staat, für
den er tätig ist, trifft. Er hielt es für einen alten Zopf, die alte Gewaltenteilung aufrechtzuerhalten
und die Beamten von der politischen Betätigung abzuhalten. Nach einer verblüffend
ruhig und sachlich geführten, vor allem aber kurzen Debatte wurde das Beamtengesetz
noch in der gleichen Sitzung verabschiedet. Damit erwies er sich einmal mehr
als getreuer Gefolgsmann des Staatspräsidenten, der bei den Ministerpräsidenten-Konferenzen
1948/49 der prononcierteste Vorkämpfer für die Rechte der Beamten war und
natürlich dafür sorgte, daß in Württemberg-Hohenzollern ein Beamtengesetz geschaffen
wurde, das seinen Vorstellungen, um nicht zu sagen, seinen Maximalforderungen weitestgehend
entsprach.

Immer einig waren sich Müller und Gog allerdings nicht. Dies kam besonders deutlich
an dem Tag zum Ausdruck, als der Landtag in Bebenhausen den Grundgesetzentwurf
des Parlamentarischen Rates in Bonn »beriet«. Von Beratung konnte freilich angesichts
des Zeitdrucks, unter dem die Beschlußfassung stand, überhaupt keine Rede sein.

150 Gogs Rede in VLWH, 56. Sitzung, 24. März 1949, S. 1006-1008. - Zur Beamtengesetzgebung
nach 1945 vgl. die vorzügliche Arbeit von Udo Wengst: Beamtentum zwischen Reform und Tradition
. Beamtengesetzgebung in der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland (Beiträge zur
Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 84). 1988. Dort S. 21-34 eine Schilderung
des Zustandekommens des Beamtengesetzes für die Bizone per Militärregierungsgesetz Nr. 15
vom Februar 1949. Siehe auch die einschlägigen Passagen bei Ilona K. Klein: Die Bundesrepublik
als Parteienstaat. Zur Mitwirkung der politischen Parteien an de Willensbildung des Volkes
1945-1949 (Europäische Hochschulschriften, Reihe XXXI, Politikwissenschaft, Band 167). 1990,
S. 149-170 und S. 183-197.

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