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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0281
Franz Gog

Das Parlament hatte am 13. August 1948 dem Vorschlag des neuen Staatspräsidenten
Müller zugestimmt und die beiden Abgeordneten Dr. Paul Binder (CDU) und Dr. Carlo
Schmid (SPD) in den Parlamentarischen Rat zur Ausarbeitung des Grundgesetzes gewählt
. Der CDU hätten beide Mandate Württemberg-Hohenzollers zugestanden, jedoch
hielt es Müller für richtig, den in der SPD einflußreichen, gemäßigten Schmid zu
entsenden, da er von ihm wesentliche Impulse im Hinblick auf die notwendigen Kompromisse
der zu erarbeitenden Verfassung erwartete.151 Wenn man sich nun überlegt, wer
außer Binder seitens der CDU in Frage gekommen wäre, in den Parlamentarischen Rat
entsendet zu werden, so stößt man sehr schnell auf Franz Gog. Obwohl dies quellenmäßig
nicht nachzuweisen ist, darf davon ausgegangen werden, daß Müllers Entscheidung
für Schmid niemand anderen so nachhaltig benachteiligt hat, wie den Rechtsexperten
und Vorsitzenden der Unionsfraktion. Vielleicht ist daher auch sein Handeln bei der
Beschlußfassung erklärlich.

Die württemberg-hohenzollerische Staatsregierung gab zu Beginn der Aussprache
keine Empfehlung ab.152 Nach dem Staatspräsidenten und Binder, die trotz teilweise
schwerer Bedenken vor allem im Hinblick auf die Finanzverfassung und die föderalistische
Ausgestaltung des neuen Staates dafür warben, dem Grundgesetz die Zustimmung
nicht zu versagen, äußerte sich Gog unter Betonung des provisorischen Charakters des
neuen Staates überzeugt davon, daß jetzt nur ein staatsähnlicher Zustand geschaffen werde
, der erst dann zur vollen Staatlichkeit des Reiches ausreifen soll, wenn die Deutschen
der Ostzone in das Reich zurückkehren, d. h. ihrerseits aktiven Anteil an seiner Erneuerung
nehmen können. Erst dann erhebt sich die Frage der eigentlichen deutschen Verfassung
. Württemberg-Hohenzollern habe sich frühzeitig im Artikel 1 seiner Landesverfassung
zu einem neuen deutschen Staat bekannt, der notwendig sei, um deutsche Interessen
nach außen zu vertreten, während im Innern noch viele Probleme gelöst werden
müßten.

Im folgenden bemängelte Gog, daß die Abgeordneten den Text des Grundgesetzes
erst einige Tage vor der Abstimmung erhalten hätten, und drückte seine Enttäuschung
darüber aus, wie das Grundgesetz in entscheidenden Punkten aussehe. Als im Grundgesetz
herrschenden Geist machte er liberalistisch-rationalistisches Gedankengut aus,
während die hohen Gedanken des christlichen Sittengesetzes kaum Berücksichtigung gefunden
hätten. Der Staat berruhe auf der durch das christliche Sittengesetz bestimmten
natürlichen Ordnung, und deshalb müsse auch sein Aufbau, seine verfassungsmäßige
Grundlage diesem Sittengesetz angepaßt sein. Mit der Nennung Gottes in der Präambel
sei es nicht getan. Die Nichtanerkennung des Elternrechts als Grundrecht, wie es von der
CDU verlangt worden war, bedeutet aber die Ablehnung der Gewissensfreiheit an einem
entscheidenden Punkt, nämlich an der Erziehung unseres Volkes. Die Bestimmungen im
Art. 6 nannte er farblos. Er gab aber beiläufig zu, daß gewisse Ansätze zum Schutz christlichen
Kulturgutes in der Verfassung durchaus zu finden seien, wie etwa der Schutz von
Ehe und Familie oder die aus der Weimarer Reichsverfassung übernommenen Kirchenartikel
.

Noch gravierendere Mängel als in diesem Bereich sah er bei der bundesstaatlichen
Ordnung vorliegen. Das Grundgesetz halte sich zwar formell an den Grundsatz eines föderativen
Staatsaufbaus, in Wirklichkeit führe es aber unserer Ansicht nach einen konse-

151 Eingehende Darstellung jetzt bei Frank Raberg: »Wir wollen einen echten Bundesrat... ohne
Schleppe und ohne Schwanz und ohne Bart«. Gebhard Müller und die Ausgestaltung des föderalistischen
Prinzips der Bundesrepublik Deutschland 1948/49, in: Geschichte im Westen 10 (Heft 1)
1995, S. 47-69, hier: S. 53ff.

152 VLWH, 60. Sitzung, 21. Mai 1949, S. 1112-1137, Rede Gogs S. 1121-1123, Abstimmungsergebnis
S. 1136.

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