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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0287
Franz Gog

sie wird ihm aber nahelegen, mit Rücksicht auf sein Amt als Ministerialrat und Stellvertreter
des Innenministers in seinen Verlautbarungen künftig auf Formulierungen zu verzichten
, durch die sich auch nicht allzu empfindliche Minister und Abgeordnete verletzt
fühlen und die auch Gegner der parlamentarischen Demokratie deren Anhängern schadenfroh
entgegenhalten könnten.

Gog hob besonders darauf ab, daß die Berichterstattung der »Stuttgarter Zeitung« aus
der Rede durch Weglassung und Übertreibung etwas ganz anderes gemacht habe. Allerdings
blieb er dabei, daß Eschenburg der verzeichnenden Wiedergabe in der Presse hätte
entgegentreten müssen, was dieser bis jetzt unterlassen habe. Damit trage er auch Verantwortung
für diese Wiedergabe. Nachdem er versucht hatte, Eschenburgs Kritik in einigen
Punkten die Spitze zu nehmen und sich gegen einen zu großen Einfluß von Intellektuellen
und Spezialisten in der Politik und in der Verwaltung ausgesprochen hatte, kam er
noch auf das von Eschenburg postulierte politisch ganz ungefärbte Beamtentum zu sprechen
, das sich mit Gogs Vorstellungen nicht in Einklang bringen ließ. Das Beamtentum
sollte eben nicht »so farblos« sein, sondern auf einer gewissen Diskussionsebene mit uns
grundsätzlich auf den Standpunkt der Demokratie sich stellen muß, wobei die verschiedenen
Schattierungen innerhalb der demokratischen Parteien durchaus zulässig sind. Ich
wende mich gegen dieses farblose Beamtentum ganz entschieden. Ich bin der Meinung,
daß dieses Beamtentum nicht Rückgrat des Staates sein kann, wenn es bereit wäre, bei der
nächsten Gelegenheit von einem Diktator auf sich spielen zu lassen. Es gebe Veranlassung
, Eschenburgs Verhalten zu beanstanden. Obwohl das auch Kalbfell nochmals nachdrücklich
vertrat, führte die Aussprache zu nichts, was den KPD-Abgeordneten Acker
zu der Bemerkung veranlaßte, die ganze Angelegenheit sei es eigentlich gar nicht wert, so
ausführlich und mit solcher Energie behandelt zu werden.

Für Eschenburg hatte sein Vortrag beim »Laupheimer Kreis« keine Folgen. Gog hätte
, ohne daß er dies expressis verbis gefordert hätte, eine Disziplinarmaßnahme wohl für
richtig gehalten. Eschenburg erinnerte sich rückblickend in bezug auf Gog und dessen
Rolle in der württemberg-hohenzollerischen Landespolitik, dieser habe sich selbst überschätzt
. Seine Karriere sei letztlich wohl nur dadurch zu erklären, daß er aus Hohenzol-
lern stammte und dies Gebiet aus historischen Gründen eine besondere Konstitution hatte
. Es wurde ja nur treuhänderisch zunächst von Württemberg-Hohenzollern verwaltet,
glaubte also, einen Anspruch auf besondere Vertretung zu haben ... Soweit ich es zu übersehen
vermag, hat er im Landtag wegen seiner Repräsentation (der hohenzollerischen Interessen
; F. R.) eine Rolle gespielt, nicht wegen seiner Person.165 Man gelangt freilich zu
ganz falschen Schlüssen, wenn man Gog auf seine Aktivität im Hinblick auf die Erhaltung
der Selbstverwaltung Hohenzollerns reduziert. Gog war der CDU-Wahlkreisabgeordnete
von Sigmaringen, das sich, ebenso wie der Kreis Hechingen ganz unzweifelhaft
in einer staatsrechtlich ungeklärten Situation befand. Dies umso mehr, als nach der mehr
oder minder willkürlichen Übernahme der Verwaltung Hohenzollerns durch das Tübinger
Staatssekretariat im Herbst 1945 - die von den französischen Besatzern geduldet
wurde - die Auflösung des Staates Preußen 1947 per Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrats
(vom 25. Februar 1947) die bestehende De-Jure-Situation beendete. Die Verfassung
des Staats Württemberg-Hohenzolern schuf zunächst trotz des Einsatzes der hohenzollerischen
Abgeordneten unter Führung Gogs keine neuen verfassungsrechtlichen
Fakten, sondern vertagte die Hohenzollernfrage auf einen späteren Zeitpunkt. Das Ende
Preußens, die Gründung der Bundesrepublik Deutschland und die aktuelle Südweststaat
-Debatte bildeten dann 1949/50 den Humus der Lösung dieser Frage.

Es würde an dieser Stelle zu weit führen, auf die zahlreichen Aspekte hohenzolleri-
scher »Selbstbehauptung« nach 1945, so etwa auf die Denkschriften von Clemens Moser

165 Brief von Theodor Eschenburg (Tübingen, 12. September 1995) an den Vf.

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