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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0302
Frank Raberg

Gurks Ausführungen, die Benennung der Regierungsmitglieder entspräche nicht den
Voraussetzungen unseres geltenden Staatsrechts. Maier müsse die Ernennungsurkunden
unterzeichnet haben, als er noch gar nicht zum Ministerpräsidenten gewählt worden war
- eine zutreffende Feststellung, die Maier die Bemerkung O sancta simplicitas hominum
entlockte. Er wies darauf hin, daß die Landesversammlung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
kein Landtag sei - zumindest solange nicht, bis ein entsprechendes
Uberleitungsgesetz ihr diese Aufgabe der Volksvertretung rechtsgültig übertragen habe.
Dies sei bisher nicht geschehen, und deshalb fehle der Regierung Maier die demokratische
Grundlage: Wir stellen deswegen fest, daß es der soeben ernannten Regierung aus
diesen grundsätzlichen Erwägungen nach unserem geltenden Verfassungs- und Staatsrecht
an den rechtlichen Grundlagen fehlt und daß der Akt der Ernennung dieser Regierung
damit rechtsungültig ist, stellte er unter den Bravo-Rufen seiner Fraktion fest. Darüber
hinaus fehlt es dieser Regierung an allen Voraussetzungen für ihre Funktionstüchtigkeit
. Es ist nirgends geregelt, was für Aufgaben diese Regierung etwa haben soll. Es ist
nirgends geregelt, wie das Vertrauen der Volksvertretung - die ja gar nicht besteht - zu
dieser Regierung etwa festgestellt werden kann. Dies ist wiederum eine der Grundlagen
der Demokratie... Wir protestieren gegen diese ungültige Regierungsernennung, wir
protestieren dagegen, daß bei uns eine Regierung funktionieren soll, deren Funktionsvoraussetzungen
in staatsrechtlicher Hinsicht nicht gegeben sind. Wir rufen zum Schutz der
Demokratie in unserem Bundesgebiete im Rahmen der Bundesländer nach Art. 28 des
Bonner Grundgesetzes die Bundesregierung auf!. Die südbadische und die württemberg-
hohenzollerische Regierung müßten bestehen bleiben und die beiden Landtage in Freiburg
und Tübingen einberufen werden. Aus Gogs Worten geht neben der verständlichen
Verärgerung vor allem auch hervor, daß er es außerordentlich genoß, in einer solch aufregenden
Situation diese markigen Worte sprechen zu können. Gebhard Müller nahm
Gogs Äußerungen zur staatsrechtlichen Fragwürdigkeit der Landesgründung und der
Minister-Ernennungen vertiefend auf, während Alex Möller (1903-1985, SPD) alle Vorwürfe
in sehr geschickter Rede zurückwies. Die CDU widersetzte sich einer Abstimmung
über die Rechtmäßigkeit der gebildeten Regierung und stimmte - mit Ausnahme
von Parlamentspräsident Dr. Carl Neinhaus (1888-1965), der mit »Nein« stimmte -
nicht mit. 66 Abgeordneten votierten mit »Ja«, die vier Abgeordneten der KPD mit
»Nein«.

Am späten Nachmittag dieses 25. April kam auch der Verfassungs-Ausschuß zusammen
, ebenso am Vormittag des 30.April. In letzterer, der 6. Sitzung des Ausschusses, beantragte
Gog, an den staatlichen Mittelinstanzen, also den zukünftigen Regierungspräsidien
, gewählte Volksvertretungen zu beteiligen. Gog schwebte also etwas vor wie das seit
1994 existente Regionalparlament der Region Stuttgart. Sein Antrag wurde aber mit 14
zu 11 Stimmen abgelehnt.201 In der folgenden Sitzung einigte sich der Ausschuß auf die
endgültige Fassung des zweiten Überleitungsgesetzes (über die vorläufige Ausübung der
Staatsgewalt im südwestdeutschen Bundesland), das fünf Tage später, am 10. Mai, zur
Debatte in der Landesversammlung anstand, die an diesem Tag dreizehn Stunden beraten
sollte. Gog konnte es auch bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen zu fordern, dem vorläufigen
Namen des neuen Bundeslandes in diesem Gesetz das »Hohenzollern« hinzuzufügen
.202 Er wolle dies als eine kleine Anerkennung politischen Taktes verstanden wissen,
merkte er an, ehe er zur Beteiligung von Volksvertretungen an den staatlichen Mittelinstanzen
überging. Damit sollten nicht weitere Landtage geschaffen werden, sondern auf
die Dauer an diesen Mittelinstanzen Körperschaften beteiligt sein, die irgendwie die Be-

201 Vgl. Feuchte, Quellen (wie Anm. 197), S. 328.

202 Beilage 19, gezeichnet von Gog, Anton Hilbert, Hermann Schneider, Werber und Sauer.
WLVBW, 5. Sitzung, Gogs Rede S. 82-84.

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