Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0333
Besprechungen

wird; im Zentrum der Darstellung steht vielmehr »die große Mehrheit des anonymen Seelsorgeklerus
« (S. 7). Die wichtigsten Ergebnisse der äußerst sorgfältigen Arbeit präzisieren und differenzieren
die bisherigen Forschungen zum Thema katholische Kirche und Nationalsozialismus: Von
Widerstand gegenüber dem Unrechtsstaat des Dritten Reiches kann, dem Verfasser zufolge, vor allem
in Hinblick auf die Kirchenleitung nicht geredet werden; politischer Widerstand fand überhaupt
nicht statt, und der ethisch-moralische Widerstand, der sich an den Umgang des Dritten Reiches mit
physisch oder psychisch Behinderten (Euthanasie, Sterilisationsgesetz) sowie die Verfolgung von
Juden und anderen Minderheiten hätte ankristallisieren können, hielt sich in äußerst bescheidenen
Grenzen. Widerstand im genuinen, auch politischen Sinn des Wortes leistete ausschließlich eine
kleine Minderheit unter den katholischen Geistlichen, eine Minderheit, die bezeichnenderweise nur
selten Rückhalt am bischöflichen Ordinariat fand. Verantwortlich dafür war die auf Konfliktvermeidung
ausgelegte, vom Übergeordneteten Gesichtspunkt der Schadensabwehr geleitete und auf
Legalität kalkulierende Politik des Erzbischofs, in deren Gefolge sich freilich nicht unerhebliche
Irritationen zwischen Klerus und Ordinariat einstellten. Die Gesamthaltung der katholischen Kirche
im Erzbistum, die 1933 entsprechend den maßgeblich in Rom formulierten Handlungsmaximen aus
politisch-taktischen Erwägungen heraus (»Antibolschewismus«; Nationalismus) für Hitler optierte,
kann am besten als Verteidigung der kirchlichen Interessensphäre charakterisiert werden. Indiziert
wird dies durch die Tatsache, daß sich die Konflikte zwischen nationalsozialistischem Staat und Kirche
im Bereich der Sozialisationsinstanzen Jugendarbeit, kirchliches Vereinswesen und Religionsunterricht
häuften. Wo kirchliche Essentials auf dem Spiel standen, so der Autor, riskierte die Kirche
den Konflikt mit dem übermächtigen Staat.

Insgesamt hat sich der Vf. mit Erfolg um eine ausgewogene Argumentation bemüht, die die
Scheinalternative kirchlicher Widerstand ja - kirchlicher Widerstand nein zugunsten einer differenzierten
Darstellung hinter sich läßt. Die Arbeit, der man ein breites Lesepublikum wünschen möchte
, darf deshalb als äußerst erfreulicher Beitrag zum Thema Kirche und Nationalsozialismus gewertet
werden.

Rottenburg Norbert Haag

20 Jahre Zollernalbkreis - ein Geburtstag. 1973-1993. Hg. vom Zollernalbkreis, Redaktion Andreas
Zekorn. Sigmaringen u. Balingen: Selbstverlag Zollernalbkreis 1993 (= Zollernalb-Profile. Jahrbuch
des Kreises. Bd. 3). 319 S., zahlr. färb. u. schw.-weiß Abb.

Im Jahre 1973 war im Zuge der Kreisreform auf Grundlage der Beschlüsse der Regierung der
Großen Koalition Filbinger-Krause in Stuttgart der Zollernalbkreis entstanden. Er vereinigte die
Landkreise Balingen und den noch dreißig Jahre früher administrativ zu Preußen zählenden Landkreis
Hechingen (Hohenzollerische Lande). Lange ist um Hechingens Zuordnung - ob zum
Zollernalbkreis oder zu Tübingen - gerungen worden. Es kam ein Zusammenschluß zustande, der
administrativ, konfessionell und wirtschaftlich sehr unterschiedliche Gebiete vereinigte.

Zwanzig Jahre später erschien der hier zu rezensierende Sammelband, um eine erste Bestandsaufnahme
zu leisten. Zwanzig Jahre sind ein relativ kurzer Zeitraum, um oft langfristig angelegte Entwicklungen
zu überschauen und zu bewerten. Andererseits ist es verwunderlich, wie schnell einst
heiß umstrittene verwaltungsmäßige Neugliederungen wie die Aufhebung bestimmter Oberämter
in den 20er Jahren oder die Bildung des Südweststaates 1952 von der Bevölkerung letztlich doch angenommen
wurden.

Der vom Kreisarchivar des Zollernalbkreises in Balingen, Andreas Zekorn, redaktionell sorgfältig
betreute, auch äußerlich ansprechende Band bietet 22 Texte zu den Themen Geschichte, Kirche,
Kunst und Kultur, Bildung, Industrie und Wirtschaft, Natur- und Umweltschutz und Geologie.
Altmeister Eberhard Gönner eröffnet den Reigen der Beiträge mit einem Überblick über die Geschichte
Württembergs und Hohenzollerns, der aufzeigt, wie es zunehmend zu Verschränkungen
zwischen diesen beiden Territorien kam. Nach 1945 schlugen die französischen Besatzer Hechingen
und Sigmaringen dem 1947 konstituierten Staat Württemberg-Hohenzollern zu, der für Hohen-
zollern zwar 1950 den Landeskommunalverband neu schuf, aber den schleichenden Verlust der
Souveränitätsrechte Hohenzollerns im Zuge der Südweststaat-Bildung nicht verhindern konnte
(und auch gar nicht wollte).

321


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0333