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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0027
Tirol in Schwaben

drückenden Pfarrermangel in weiten Teilen der Diözese Konstanz nach dem Dreißigjährigen
Krieg zusammen. Angesichts zahlreicher vakanter Pfarreien und der vikariatsweisen Betreuung
nicht weniger Pfarrorte durch benachbarte Geistliche wahrend und in den Jahrzehnten
nach dem Krieg haben offenkundig auch aus fremden Diözesen stammende Priester günstige
Chancen, die Präsentation und Investitur auf eine Pfarrstelle zu erhalten46.

Wie wurden nun aber die in durchaus großer Zahl in die Dörfer und Städte strömenden
Zuwanderer an der Oberen Donau aufgenommen, wie gestaltete sich ihre Integration und
welcher Art waren die Konflikte zwischen Einheimischen und Fremden? Aus der Perspektive
sowohl der Obrigkeit wie auch der Gemeinden ist das wichtigste Kriterium für die Aufnahme
eines Zuwanderers und zumal dessen bürgerliche Niederlassung sein mitgebrachtes Vermögen
sowie seine Nützlichkeit für Herrschaft und Dorf im weitesten Sinne. An armen
Schluckern, die nichts zu den Gemeindelasten beizutragen vermögen und im Fall der Städte
schlimmstenfalls als Arme, Alte und Kranke den Spitälern zur Last fallen, hat man selbst in
den Jahren der Entvölkerung kaum Interesse. Die Gemeinde Harthausen auf der Scheer beispielsweise
sperrt sich im Kriegsjahr 1640 mit aller Macht gegen die von der Obrigkeit befürwortete
bürgerliche Aufnahme des aus Feldkirch stammenden und bereits mehr als 20 Jahre
im Ort in Diensten stehenden Christian Lorizen mit dem Argument, der Fleckhen (seye) ohn-
ne dem beraits genuogsamb besezt und werde mit dergleichen ufnamben ybersezt*7. Als sich
1645 der aus Newershausen bei Freiburg im Uchtland stammende und mit einer Frau aus
Thalheim verheiratete Georg Dettlinger im Heimatort seiner Gattin bürgerlich niederlassen
will, wird das Gesuch des vermögenslosen Bittstellers in die Gnadensentscheidung des Fürsten
gestellt48. Die Gemeinde Laiz demgegenüber ist 1651 mit der Aufnahme des aus einem
nicht näher lokalisierbaren Ort namens Kauthen in Wollspurg stammenden Taglöhners Georg
Michel, der sich mit einer Frau aus dem Ort verheiratet hat, einverstanden, weüen Sie dergleichen
Leuth vonnöthen*''. Die Einheirat des aus dem thurgauischen Fischingen stammenden
und bereits seit 12 Jahren im Revier um Saulgau und Mengen in Diensten stehenden Konradt
Keller in eine vielköpfige und überdies mit einem behinderten Buben belastete Familie in Rul-
fingen wird 1676 von der dortigen Gemeinde ausdrücklich befürwortet, weil sonst niemand
im Dorf und der Grafschaft da sei, der zu diesen Kindern wolle, und die Heirat für Herrschaft
und Familie gleichermaßen nützlich wäre50.

Während ungeachtet vereinzelter Widerstände in der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit
die Niederlassung und bürgerliche Aufnahme auch weniger vermögender Zuwanderer
in vielen Fällen möglich ist und manchen über eine vorteilhafte Einheirat sogar der Aufstieg
in die bäuerliche oder handwerkliche Ober- und Mittelschicht der Dörfer und Städte gelingt
, verstärkt sich mit wieder wachsendem Bevölkerungsdruck die Abneigung der
Kommunen gegen den Zuzug weiterer Armer. Die Bürgerschaft von Veringenstadt legt bereits
1667 ein Mindestvermögen von 100 Pfund Heller bei Männern und 50 Pfund bei Frauen fest,
das neben einem Bürgergeld von 10 beziehungsweise 5 Gulden und der Bereitstellung zweier
FeuerKibel als Voraussetzung für eine bürgerliche Aufnahme im Städtchen nachgewiesen werden
muß. Nichtbürgerliche Inwohner, die dem binnen eines Monats nicht nachkommen können
, sollen die Statt rhaumben und (ihr) gelegenheit suchen, wohe es (sei)51.1678 faßt die Ver-
ingenstädter Bürgerschaft den schluss, daß zwei eingeheiratete Zuzügler, der Bäcker Barthle

46 Vgl. hierzu für das Territorium der Reichsstadt Rottweil Edwin Ernst Weber: Reichsstädtische Landesherrschaft
im 17. Jahrhundert. Das Kirchenregiment des Rottweiler Magistrats gegenüber der Landschaft
. In: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte Bd. 8 (1989), S. 219-239, hier S. 225.

47 Amtsprotokoll der Grafschaften Sigmaringen und Veringen 1633-1641 (wie Anm. 4), Eintrag v. 12. 3.
1640, fol. 75rf.

48 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1643-1646 (wie Anm. 14), Eintrag v. 9. 7. 1646, fol. 53r.

49 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1650-1652 (wie Anm. 39), Eintrag v. 28. 11. 1651, fol. 106r.

50 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1673-1676 (wie Anm. 22), Eintrag v. 16. 6. 1676, fol. 39rff.

51 Veringenstädter Ratsprotokoll v. 2. 11. 1667 (StA Veringenstadt I Nr. 148).

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