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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0028
Edwin Ernst Weber

Katzenstein und der Zimmermann Konrad Blaw, und überdies auch der aus Veringendorf
stammende Georg Gössler aus der Stadt ausgeschafft werden sollen, weil diese weder um den
Hintersitz noch das Bürgerrecht angehalten, ihre Handwerke zum Nachteil der Verbürgerten
nicht versteuert hätten und schließlich auch, weil das stättlein allberaits mit dergleichen Armen
Leüthen angefüllt (seye), (so) daß mann Ihrer nicht bedarffe52. Die Gemeinde Veringendorf
beklagt sich in ganz ähnlicher Weise 1681 bei der fürstlichen Regierung, daß sich seit einiger
Zeit sehr vül allerlay Gesindt ins Dorff hineinseze Unnd thails vor Hindersässen einzwin-
gen wollen, wodurch die ganze Gemeinde und die Nachbarorte sehr molestiert (= belästigt
E.W.) unnd beschwerdt werden53. Dies vor allem deshalb, weil diese Leute auf den genossenschaftlichen
Allmendweiden ihr Vieh ausschlügen, andererseits dem Dorf aber weder an der
gemeinen Steuer noch bei den Frondiensten etwas gäben und verrichteten. Die Obrigkeit
lehnt die verlangte Ausschaffung von Amts wegen jedoch ab, weil die Beklagten ihrem eigenen
Beteuern zufolge sich sehr wohl an den Gemeindelasten beteiligt hätten und man sie auch
nicht mitten im Winter hinaustreiben könne; zudem habe die Gemeinde diesen Leuten ohne
Vorwissen der Herrschaft ehedem eigenmächtig Aufnahme und Unterschlupf im Dorf gewährt
.

Auch im zwischenmenschlichen Bereich war das Nebeneinander von Alteingesessenen
und Zuwanderern mitunter offenkundig alles andere als konfliktfrei. Alltägliche Reibereien
arten recht schnell in grundsätzliche Angriffe auf die Herkunft des Kontrahenten aus, so etwa,
wenn 1652 die aus der Schweiz stammende Frau des Kuhhirten von Waldhausen bei Heiligkreuztal
die Bewohner des Dorfes faule Narren und Hexenschwaben schilt.54 Bei nicht wenigen
Alteingesessenen lösen die fremden Zuwanderer augenscheinlich gar massive Ängste bis
hin zu bösartigen Verdächtigungen und Unterstellungen aus, wie zwei in den Sigmaringer
Amtsprotokollen dokumentierte Vorfälle belegen: In Rulfingen wird 1641 die aus Österreich
stammende oder dort zumindest vorübergehend wohnhafte Anna Schneider von der Gemeinde
des Schadzaubers an den unter Milcharmut leidenden Kühen etlicher Dorfbewohner verdächtigt
- eine in der Mitte des 17. Jahrhunderts höchst gefährliche Unterstellung, die allzu
rasch in ein Inquisitionsverfahren wegen Hexerei einmünden konnte. Der Dorfrichter Hanns
Häberlen, der sich eine Zeitlang gleichfalls in Osterreich aufgehalten hat, weiß zu berichten,
daß dort dergleichen Zauberey in deme dem Vieh die milch genommen und das Vieh geschwächt
werde, gar gemein seye5i. In Otterswang fordern 1676 mehrere Ortsbewohner die
alsbaldige Vertreibung der aus der Schweiz zugewanderten Anna Meyer aus dem Dorf, habe
diese doch verschiedentlich gedroht, wenn sie aus Otterswang wegkomme, wolle sie schon ein
possen thuen, daß die Otterswanger lenger ahn sie als sie ahn die Otterswanger gedenckhen,
und auch werde der dörfliche Kuhhirt bei seiner Arbeit nicht mehr viel Glück haben56. Nachdem
die Frau dank der Zeugenaussage des Schultheißen die Unterstellungen ihrer Gegner widerlegen
kann, werden letztlich diese aufgrund ihrer, wie es heißt, ziemlich nachdenklichen
Verdächtigungen bestraft. Dem von Veringendorf stammende Hans Fecht schließlich, der sich
nach längerem Aufenthalt in Österreich 1650 wieder in seinem Heimatort niederlassen will,
wird von der Herrschaft die Wiederaufnahme verweigert, da er im geschray (sei), alß khöne Er
mit unverantworttlichen Zaubers-Khünsten umbgehen57.

Für Irritationen und Konflikte vermögen sodann auch in der neuen Heimat unübliche Eigenheiten
und Bräuche der Zuwanderer zu sorgen. In Laiz beispielsweise wird 1654 der aus

52 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1676-1680 (wie Anm. 34), Eintrag v. 22. 3.1678, fol. 16vf.

53 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1680-1682 (StAS Ho 80 Bd. 2 Paket 228), Eintrag v. 9. 12.
1681, fol. 22rf.

54 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1650-1652 (wie Anm. 39), Eintrag v. 19.11.1652, fol. 123r.

55 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1639-1643 (wie Anm. 42), Eintrag v. 9. 7. 1641, fol. 241rf.

56 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1673-1676 (wie Anm. 22), Eintrag v. 9. 6. 1676, fol. 32vff.

57 Amtsprotokoll der Grafschaft Sigmaringen 1650-1652 (wie Anm. 39), Eintrag v. 18.10.1650, fol. 106v.

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