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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0033
WALTER KNITTEL

»Da Capo!«

Italienische Arbeitsimmigration in Wilhelminischer Zeit
am Beispiel von großen Bauprojekten an der Oberen Donau

1. EINLEITUNG

Wo immer in Deutschland an einer Eisenbahnlinie gebaut wird, kann man sicher sein, Italieneringroßen
Mengen zu finden, schrieb 1911 Gisela Meichels-Lindner in einer Untersuchung
über die Lage der italienischen Arbeiter in Deutschland1. Ähnliches schilderte ein anderer
Zeitgenosse vier Jahre später: Alljährlich im Frühjahr bemerkt der aufmerksame Beobachter
in den Bahnhöfen der größeren Städte stärkere und schwächere Trupps von Arbeitern, die mit
Schaufeln, Hacken und ähnlichen Werkzeugen versehen, nach Deutschland kommen, um hier
Umschau nach Arbeitsgelegenheiten zu halten. Unschwer erkennen wir in Sprache und Typus
den Italiener1. Mögen mehr, aber sicher auch weniger aufmerksamen Zeitgenossen die wiederkehrenden
Einwandererzüge um die letzte Jahrhundertwende kaum verborgen geblieben sein,
so haben nachfolgende Historikergenerationen sich bis vor etwa einem Jahrzehnt in bemerkenswerter
Weise kaum mit dieser Frage beschäftigt. Erst die intensive Diskussion der »Gastarbeiterfrage
« und neuerdings die aufgrund der aktuellen politischen Diskussion um Einwan-
derungs- und Fremdenpolitik wieder angestoßene Auseinandersetzung um Wanderungsbewegungen
führten zu einer intensivierten historischen Migrationsforschung und im Zuge
dessen auch zu einer tiefergehenden Analyse der Bedeutung der ausländischen Arbeiter im Industrialisierungsprozeß
in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg. In diesem Beitrag ging es
darum, im Rahmen des Kolloquiums die vermeintliche »Lücke« in der deutschen Geschichte
zwischen der frühneuzeitlichen Einwanderung und moderner und aktueller Zuwanderung zu
schließen und zu zeigen, wie selbst in unserer Region um die letzte Jahrhundertwende Hunderte
, ja vielleicht sogar Tausende von fremdländischen Wanderarbeitern tätig waren. Und
hierbei spielten die italienischen Zuwanderer gerade für unsere Region die bedeutendste Rolle
.

Es wird deutlich, daß man es hierbei mit einer fast stringenten Kontinuitätslinie der Einwanderung
von »Gastarbeitern« aus europäischen Nachbarstaaten seit Beginn des Kaiserreiches
zu tun hat, die nur durch die beiden Weltkriege und die wirtschaftlichen Turbulenzen der
Zwischenkriegszeit unterbrochen wurde. Damit reduziert sich das Thema Einwanderung keineswegs
nur auf die vielzitierte Zuwanderung der Hugenotten oder auch der Tiroler nach dem
Dreißigjährigen Krieg, auch nicht nur auf die Einwanderung der Gastarbeiter im Rahmen des
deutschen Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg oder der aktuellen Zuwanderung
von Flüchtlingen oder Aussiedlern. Das Thema Einwanderung, zumal wirtschaftlich moti-

1 Vgl. Gisela Michels-Lindner: Die italienischen Arbeiter in Deutschland. In: Der Arbeitsmarkt 14
(1910), Sp. 101-135. Zit. nach Ulrich Herbert: Geschichte der Ausländerbeschäftigung in Deutschland
1880 bis 1980. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter. Berlin, Bonn 1986.

2 Julius Ludwig: Die wirtschaftliche und soziale Lage der Wanderarbeiter im Großherzogtum Baden.
Dargestellt auf Grund der Ergebnisse einer vom Verfasser vom Juli 1911 bis 1912 veranstalteten Enquete.
Karlsruhe 1915, S. 107.

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