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»Da Capo!«

doch auch etwas auf dem Hintergrund der alltäglichen dürftigen Kost der einfachen bäuerlichen
und kleinhandwerklichen Bevölkerung in der Region in dieser Zeit. Ein genauer Speisezettel
wird sich jedoch über die Feststellungen der zeitgenössischen amtlichen und wissenschaftlichen
Untersuchungen hinaus kaum mehr genauer aufstellen lassen.

7. VORFÄLLE, UNFÄLLE, ZWISCHENFÄLLE

Am ehesten wird die Präsenz der ausländischen Wanderarbeiter faßbar in Berichten über »besondere
Vorkommnisse«. Immer wieder berichten verschiedenen Quellen von allerlei Zwischenfällen
bei Einsatz der ausländischen Wanderarbeiter auf den Baustellen. Schlägereien,
Raufereien oder gar Messerstechereien oder Schießereien37 der Arbeiter untereinander wurden
natürlich eher aktenkundig als der alltägliche Arbeitsablauf. In Pfullendorf kam es 1874
anläßlich des Bahnbaus gar zu einem »Arbeiteraufstand«, als wütende Arbeiterinnen und Arbeiter
den Akkordanten wegen Lohnkürzungen an den Kragen wollten, so daß die alarmierte
örtliche Gendarmerie und Feuerwehr die am wildesten Tobenden festnahm und dem Amtsgericht
überantwortete38.

Sehr viel häufiger finden Unglücksfälle und Unfälle im Zusammenhang mit gefährlichen
Arbeiten beim Geländebau ihren Niederschlag in den Akten. Die meisten Verletzungen und
tödlichen Unfälle rührten offensichtlich meist von Arbeiten beim Tunnelbau und von Unfällen
mit den Rollwagen her, in denen das Gesteinsmaterial wegtransportiert wurde39. In den
Unfallakten findet man jedoch ebenso deutsche Eisenbahnarbeiter wie fremdländische. In Fri-
dingen a. D. beispielsweise scheinen, jedenfalls an der Häufigkeit aktenkundig gewordener
Unfälle gemessen, einheimische Arbeiter offensichtlich genauso den Gefahren dieser Arbeiten
ausgesetzt gewesen zu sein. Zumindest läßt sich anhand dieses Materials keine höhere Unfallgefahr
für ausländische Arbeiter feststellen. Daß das Unfallrisiko etwa beim Eisenbahnbau
sehr hoch war, läßt sich allein schon aus der Anzahl der Unfallanzeigen in diesen Jahren ableiten
: Während der rund eineinhalbjährigen Bauarbeiten beim Bau der Donautalbahn sind auf
den verschiedenen Streckenabschnitten in der Gemeinde Fridingen immerhin 39 schwerere
Unfälle und fünf Todesfälle von Eisenbahnarbeitern aktenkundig geworden sind. Zwei der
Todesopfer starben durch Stürze, einer an einem Lungenleiden, und zwei junge Italiener ertranken
im Alter von 21 und 25 Jahren am selben Tag in der Donau40.

8. WILLKOMMEN UND ABSCHIED

In unserer Region blieben Einbürgerungen wohl eher die Ausnahme, auch wenn man in manchen
Dörfern einen Italiener kennt, der vom Bahnbau hier hängen geblieben ist41. Manch einer
wurde, wie es die badischen Gewerbeaufsichtsbeamten formulierten, durch Heirat mit
Einheimischen oder nach Emporringen zum selbständigen Unternehmer bei uns ansässig. Gemessen
an der Zahl der in dieser Zeit anwesenden Arbeitsimmigranten ist die tatsächliche permanente
Einwanderung jedoch relativ gering. In der Regel dürften diese dann jedoch weniger

37 Auf letztes machte mich wieder Annemarie Conradt-Mach, Villingen-Schwenningen, aufmerksam, die
solche Fälle in Schwenningen dokumentierte.

38 Vgl. Johann Schupp: Denkwürdigkeiten der Stadt Pfullendorf. Weihegabe zum 750. Gedenkjahr der
Stadtgründung. 1967, S. 337f.

39 Beim Pfullendorfer Bahnbau war ein Todesopfer bei Sprengarbeiten zu beklagen, vgl. ebd. S. 338.

40 Stadtarchiv Fridingen, A 871, A 905, A 1157.

41 Herr Botho Walldorf, Wannweil, etwa hat mich freundlicherweise neben anderen Dingen auch auf die
Geschichte des Telesforo Castelli (1882-1965) in Gammertingen hingewiesen und noch aus eigener Erinnerung
und aus mündlichen Befragungen die Verhältnisse sehr eindrücklich geschildert. Castelli, der am

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