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Roland Peter

In Meßkirch bestanden weitere Lager bei der Möbelfabrik GmbH, der Firma Stoll und der
Weißhaupt Seegrasspinnerei6. Auch in Pfullendorf wurden Massenunterkünfte errichtet7.

Zu Kriegsbeginn war dieser Einsatz der Ausländer, ohne den die deutsche Kriegswirtschaft
bereits 1941/42 zusammengebrochen wäre, allerdings nicht beabsichtigt worden. Schon die
rassistische Ideologie der Nationalsozialisten hätte ein solches Vorhaben weit von sich gewiesen
. In der Folge zeigte sich deshalb im Ausländereinsatz beständig der Konflikt zwischen der
Ideologie einer- und den Erfordernissen der Kriegswirtschaft anderereits8.

1. DER »POLENEINSATZ«

Im ersten Vierteljahr nach Kriegsbeginn kamen zwar etwa 300 000 polnische Kriegsgefangene
ins Reich, an einen Masseneinsatz wurde aber zunächst nicht gedacht. Diese Haltung änderte
sich jedoch, als immer mehr Deutsche zur Wehrmacht eingezogen wurden und der Mangel an
Arbeitskräften in der Wirtschaft zunahm. Hermann Göring, zweitmächtigster Mann des Reiches
, befahl nach der Eroberung Polens, die Hereinnahme ziviler polnischer Arbeitskräfte,
insbesondere polnische Mädchen, in größtem Ausmaß zu betreiben. Ihr Einsatz und ihre Entlohnung
müssen zu Bedingungen erfolgen, die den deutschen Betrieben leistungsfähige Arbeitskräfte
billigst zur Verfügung stellen. Mindestens eine Million polnischer Männer und
Frauen sollte ins Reich hereingeholt werden9.

Daß eine solche Zahl nicht über die traditionelle Anwerbung von Saisonarbeitern zu erreichen
sein würde, war klar. Zudem schreckten die Briefe der ersten Freiwilligen über ihre wahre
Behandlung im Reich weitere Interessenten ab. Als viele Menschen in die Wälder flüchteten
, führten die Besatzer für die jüngeren Polen die Arbeitspflicht im Reich ein. Einzelne Gebiete
mußten eine bestimmte Zahl Männer und Frauen stellen. Blieben sie unter dem Limit,
wurden ganze Dörfer bestraft und die Besatzer gingen regelrecht auf die Jagd nach Arbeitskräften10
.

Die Polen bildeten für die Behandlung der Zwangsarbeiter ein erstes Experimentierfeld.
Da die massenhafte Hereinnahme polnischer Arbeitskräfte gegen die Ideologie verstieß, sollte
die Behandlung nach »rassischen« Gesichtspunkten für einen Ausgleich sorgen. Die Grundlage
dafür bildeten die sogenannten »Polenerlasse« von 1940. Sie unterstellten die Polen einem
regelrechten Sonderrecht und reglementierten ihr Leben bis in Kleinigkeiten hinein. Das Tragen
des Abzeichens »P« und die Unterbringung in Barackenlagern wurde ebenso vorgeschrieben
wie die Bezahlung: Es galten nur die niedrigsten Tariflöhne, Zulagen waren untersagt. Zudem
verhängten die Erlasse eine 15prozentige Sondersteuer. Da die Polen Unterbringung und
Verpflegung selbst bezahlen mußten, blieb ihnen kaum ein Erlös ihrer Arbeit".

Die Verordnungen hatten besonders die Arbeitsleistung und die Beziehung der Zwangsarbeiter
zu den Deutschen im Blickfeld. Bei sogenannter »Arbeitsbummelei« drohte den Polen
die Einweisung in spezielle »Arbeitserziehungslager«, später direkt in ein KZ. Der Kontakt zu
den Einheimischen sollte allein auf die Arbeit beschränkt bleiben. »Geselliger Verkehr«, wie

6 Armin Heim: Das Kriegsende 1945 im ehemaligen Amtsbezirk Meßkirch. In: Von der Diktatur (wie
Anm. 3), S. 113-150, hier S. 116.

7 Weber (wie Anm. 3), S. 83.

8 Vergleiche Ludolf Hebst: Der totale Krieg und die Ordnung der Wirtschaft. Die Kriegswirtschaft im
Spannungsfeld von Politik, Ideologie und Propaganda 1939-1945 (Studien zur Zeitgeschichte, Bd. 21).
Stuttgart 1982, S. 95ff.

9 Zitiert nach: Herbert (wie Anm. 2), S. 19.

10 Ebd., S. 20. Vergleiche dazu auch: Schönes, schreckliches Ulm. 130 Berichte ehemaliger polnischer
Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, die in den Jahren 1940 bis 1945 in die Region Ulm/Neu-Ulm
verschleppt worden waren. Hg. von Silvester Lechner. Ulm 1996.

11 Staatsarchiv Freiburg (STAF), LKK 1685.

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