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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0079
Vierzehn Apostel und vierzehn Nothelfer

vorliegende Aufsatz soll nun zeigen, wie der Vergleich mit einer eigenen früheren Arbeit des
Malers Andreas Meinrad von Ow, aber auch der Rückgriff auf den Deutungsansatz bei Hugo
Schnell zu neuen Erkenntnissen in der Deutung des Mysteriums führen kann.

Der Grundaufbau der Komposition (Abb. 1) des gewaltigen, fast hundert Quadratmeter
großen Freskos über dem Sigmaringer Kirchenschiff ist klar. Wir haben einen sechsfach gestuften
Himmels- und Erdraum vor uns: Im oberen Bogen thront Gott Vater mit der Taube
des Heiligen Geistes in einem Gewölk von Engeln. Darunter stützt Maria in einer Engels-
Pietä den toten Sohn. An den Bildrändern drängen sich Gestalten des Alten Testamentes, bei
ihnen rechts, durch seinen roten Mantel hervorgehoben, Johannes der Täufer. Als drittes folgt
eine Apostelreihe. Auf der nächsten, der vierten Ebene, zu der Heilige in kleinen Gruppen,
unter ihnen der Erzmärtyrer Stephanus und die heilige Agnes, überleiten, erscheint ein offener
Torbau, ein Triumphbogen mit einer Kuppelkonstruktion, an dem sich Heilige drängen, wo
Himmel und Erde sich zu begegnen scheinen. Auf der fünften Ebene thront Fides-Ecclesia,
die Personifikation von Glaube und Kirche, und nimmt die Verehrung der vier Erdteile entgegen
. In den unteren Bogen endlich, der das Bild abschließt, sind Sünde und Irrglauben verbannt
.

Vor allem die dritte und die vierte Ebene, die der Apostel und die der Heiligen am Himmelstore
, sollen hier genauer betrachtet, und zum Abschluß soll noch ein Blick auf die fünfte
Ebene, die von Fides-Ecclesia, geworfen werden.

DIE VIERZEHN APOSTEL

Auf der vierten Ebene haben Apostel auf leicht geschwungenen Bogen von Wolken, die von
Engeln gestützt werden, Platz genommen. Johannes Evangelista, der als Kirchen-Patron die
linke Gruppe anführt und Petrus, der als Stellvertreter Christi auf Erden rechts die beherrschende
Stelle einimmt, blicken nach oben, auf die Pietä. Zusammen markieren diese zwei Gestalten
so die Grundlinie eines bedeutungsvollen Dreiecks (Abb. 2, 3).

Die Figur des Johannes im leuchtend grünen Obergewand, mit dem roten um Schulter und
Knie geschlungenen Mantel, das Haupt nach links gewandt und die Linke ausgestreckt, zieht
zuerst den Blick auf sich. Fast genauso hat Andreas Meinrad von Ow ein paar Jahre früher den
Johannes im Querhaus der Haigerlocher St. Anna-Wallfahrtskirche gemalt (Abb. 4). Dort ist
das Thema das der heiligen Sippe, und da sitzen am vorderen Bildrand die sechs »Herrenbrüder
«, nach der Trinubiumslegende die Söhne der Maria Salome und der Maria Kleophas8, in einer
Reihe. Andreas Meinrad von Ow übertrug drei dieser sechs Gestalten, nur wenig verändert
, in die Sigmaringer Apostelreihe.

Bei Johannes ist nur das Attribut ausgetauscht worden. In Haigerloch barg sich unter seinem
Mantel der Adler, das Zeichen des Evangelisten, hier in Sigmaringen steht golden strahlend
ein Kelch zu den Füßen des Apostels, und die züngelnde Schlange erinnert an die wunderbare
Bewahrung vor der Vergiftung in Ephesus, über die die Legende berichtet9. Neben Johannes
sitzt sein Bruder Jakobus der Altere in der für ihn gewohnten Pilgertracht. Auch hier
dieselbe Gestalt, die wir von Haigerloch her kennen. Die Gruppe mit dem Brüderpaar ist geschlossen
übernommen worden.

In Haigerloch folgt auf das Paar Johannes und Jakobus Major nach links hin der Jüngere
Jakobus mit dem Walkerbogen, und sozusagen als Stütze weit nach innen geneigt, schließt Judas
Thaddäus die Reihe links ab. Die restlichen zwei »Herrenbrüder«, Barnabas und Simon

8 Hans Albrecht Oehler: Die Deckenfresken des Andreas Meinrad von Ow in der St. Anna-Kirche in
Haigerloch, in: ZHG 28 (1992), S. 153-156. Kürzer in: Hans Albrecht Oehler: Zur Ikonographie der
Deckenfresken des Andreas Meinrad von Au in der St. Anna-Wallfahrtskirche in Haigerloch. In E. Buri
und I. M. Buck (wie Anm. 5), S. 101-103.

9 Lexikon der christlichen Ikonographie. Bd. 7. Sp. 119.

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