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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0093
Hundert Jahre Hohenzollerische Landessammlung

keine Gemeinde in Hohenzollern, wo nicht einer der vier Laurs eine Kirche oder ein Privatgebäude
gebaut oder renoviert hätte. Von Wilhelm Friedrich Laur stammen zum Beispiel die
Kirchen in Langenenslingen, Schlatt (Stadt Hechingen), Stetten bei Haigerloch, Ostrach, Boll
(Stadt Hechingen), Kaiseringen und Neckarhausen. 1908 plante er die Einsegnungshalle auf
dem jüdischen Friedhof in Hechingen. Auf seine Entwürfe gehen schließlich auch die Einfamilienhäuser
auf dem First in Hechingen von 1904/05 und die Villen in der Zollerstraße
zurück, deren eine er längere Zeit bewohnte6.

Der im Rheinland Geborene muß spätestens zu Beginn der 80er Jahre in Sigmaringen gelebt
haben. Schon als junger Mann entwickelte er ein historisches Interesse. 1883 war er Mitglied
des Breisgauvereins Schauinsland und 1885 der Harmoniegesellschaft in Freiburg. Von
1887 stammt Laurs Mitgliedsdiplom des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollern
. Schon 1896 zu Amt und Würden gelangt, heiratete er erst 45jährig im Jahr 1903
Josefine Laur in der Pfarrkirche Ostrach, die er selbst gebaut hatte7. Aus der Ehe ging wohl
nur die Tochter Marga hervor. Bald nach seiner Ubersiedlung nach Friedrichshafen 1916 wurde
ihm 1917 vom Unterrichtsminister der Titel »Professor« verliehen. 1931 kehrte er nach Sigmaringen
zurück. Dort ist er drei Jahre später gestorben und begraben. Laur scheint also Sigmaringen
als seine eigentliche Heimat betrachtet zu haben.

Laur war übrigens anders als die Landeskonservatoren in den anderen preußischen Provinzen
nur ehrenamtlich angestellt; es ist ungeklärt, ob seine ehrenamtliche Stellung eine Bedingung
der Verwaltung war oder nicht vielleicht sogar des Konservators selbst, der sich möglicherweise
eine unabhängige Position bewahren wollte, um weiterhin seinem Beruf als Architekt
nachgehen zu können. Seine Stellung als Landeskonservator, die ihn von Dienst wegen
auf alle Dörfer des Landes führte, scheint ihm, wie die Liste seiner Projekte nahelegt, seine
Auftraggeber zugeführt zu haben.

Laurs intime Kenntnis der Kirchen und der örtlichen Verhältnisse in Hohenzollern hatte
übrigens eine weitere Konsequenz, die für seine konservatorischen Bemühungen von Interesse
war. Da er in alle Kirchen hineinkam, alle Pfarrer und Mesmer kannte, gelang es ihm, einige
besonders wertvolle, aber gefährdete Kunstobjekte, in erster Linie mittelalterliche Skulpturen,
zu retten und zu sichern. Die Art und Weise, wie dies geschah, ist im einzelnen noch nicht geklärt
. Laurs öffentliche Amtsaufgaben und sein persönliches Interesse gingen hierbei eine sehr
enge Verbindung ein. Denn Laur war auch privat ein großer Kunstliebhaber und Sammler.
Sein Haus in Hechingen war ein einziges Kunstkabinett. Fotos, die das Städtische Museum
Hechingen bewahrt, zeigen seine Arbeitsräume überbordend von Kunstgegenständen. Darauf
sind auch Exponate zu erkennen, die aus hohenzollerischen Kirchen stammten.

Dieses Schlaglicht auf sein Leben mag den Eindruck erwecken, Laur sei recht problematisch
mit dem Interessenkonflikt zwischen öffentlichem Auftrag und persönlichen Liebhabereien
umgegangen. Diese Einschätzung läßt sich jedoch nicht aufrecht erhalten. Vieles spricht
dafür, daß Laur Kunstgegenstände aus kirchlichem Besitz bei sich gelagert hat, weil er sie
sonst eben nirgends besser gesichert wußte. Am liebsten wäre es ihm gewesen, alles in einem
fest institutionalisierten Museum unterzubringen. Doch solange es ein solches nicht gab,
wuchs sich sein Hechinger Büro zu einem einzigen Raritätenkabinett aus. Auch als Laur 1916
seinen Wohnsitz nach Friedrichshafen verlagerte, unterhielt er in Hechingen weiterhin ein
Büro oder eine Wohnung in der Zollerstraße - es wäre zu ergründen, ob dies nicht hauptsächlich
den Zweck hatte, diese Sammlung zu bewahren. Als Anfang der zwanziger Jahre schließlich
sein Traum von einem Museum in Erfüllung ging, übergab er diesem auch seine private
Sammlung. Doch hier greifen wir der Geschichte bereits vor. Der Vorgriff war allerdings ge-

6 Siehe Katalog Kirchen- und Profanbauten. Ausgeführte Arbeiten und Entwürfe von Professor Wilhelm
Friedrich Laur, Friedrichshafen und Hechingen. Berlin o.J. (eingesehen wurde das Exemplar des Städtischen
Museums Hechingen).

7 Alle Informationen nach der Personalmappe Hohenzollerische Heimatbücherei Hechingen, Ub 168. Es
ließ sich nicht ermitteln, ob seine Frau Josef ine Laur möglicherweise eine Verwandte war.

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