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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0115
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burlaclingen (1945-1948)

früheren Sekretärin der katholischen Kirchengemeinde Burladingen, Irmgard Nerz, dem ehemaligen
geschäftsführenden Rektor der Burladinger Schulen, Balthasar Mauz sowie der Stadtverwaltung
Burladingen.

Am Ende einer intensiven und äußerst ergiebigen Feldforschung bleibt Anlaß zur Selbstkritik
. Während die Auswahl der Gesprächspartner/innen in meinem Heimatort kaum Probleme
bereitet hat, brachte die persönliche, wenn auch entferntere Bekanntschaft mit manchen
Zeitzeugen/innen gewisse Nachteile für die Qualität der Informationen. Gerade weil manche
Gespräche auf einer freundschaftlichen und vertraulichen Basis stattfanden, hatte ich vereinzelt
das Gefühl, daß die Informanten/innen, vor allem bei heiklen Themen, nur Ausschnitte
aus ihrer Erinnerung preisgegeben haben. Einer ortsfremden Forscherin, einer Nicht-Burla-
dingerin hätten sie eventuell freimütiger Auskünfte erteilt, ihre Mitteilungen nicht selektiert.

Zudem habe ich vor allem bei der Transkription der ersten beiden Interviews bemerkt,
wieviel Zeit die menschliche Seite des Kontakts zu den Gesprächspartnern/innen in Anspruch
genommen und vom >Eigentlichen<, der wissenschaftlichen Arbeit, abgelenkt hat. Auf der anderen
Seite trug der Aspekt der Vertraulichkeit wesentlich zur Atmosphäre der Gespräche bei
und ließ die Interviewpartner/innen nicht zu bloßen Informationsträgern werden.

Eine weitere Erfahrung stellte die Tatsache dar, daß es noch immer Menschen gibt, die auch
über eine relativ >harmlose< Zeit wie diejenige der französischen Besatzung keine Auskünfte
erteilen wollten. Diese Weigerungen habe ich, manchmal mit einiger Uberwindung, ernst genommen
und nicht versucht, geschlossene Türen einzurennen.

Da die Zeit des Nationalsozialismus weit in die unmittelbare Nachkriegszeit hineinragt,
von vielen Zeitzeugen/innen konkrete Zusammenhänge zwischen beiden Bereichen hergestellt
wurden und ich persönlich großes Interesse an der bisher ebenfalls nicht rekonstruierten
Burladinger Heimatgeschichte des Nationalsozialismus habe, bereitete mir die exakte Abgrenzung
der unterschiedlichen lokalgeschichtlichen Forschungsgebiete vereinzelt Schwierigkeiten
.

Und manchmal habe ich mich in der Rolle einer fragenden Anklägerin ertappt, die sich mit
Vorurteilen beladen auf ihre Beute stürzt. Da solch ein Vorgehen eine permanente Gefahr erzeugt
, Rechtfertigungen zu erwirken, die nicht begründet sind, Verdrängungsverhalten zu unterstellen
, das unberechtigt ist, bleibt eine Untersuchung dieser Art bei aller Reflexion darauf
zum Teil sicher auch das Ergebnis subjektiver Voreingenommenheit und möglicher Fehleinschätzungen
der Autorin.

2. »JETZT WAR DER KRIEG SOGAR HIER DAHEIM« -
ZWISCHEN BEFREIUNG UND BESATZUNG

Die Spuren des Krieges reichen weit in die unmittelbare Nachkriegszeit hinein, die Besatzungszeit
wird von den Zeitzeugen/innen in enger Verbindung mit dem Nationalsozialismus
betrachtet, die Aussagen der Interviewpartner/innen - nach dem Kriegsende und der Besatzung
befragt - enthalten Wertungen der NS-Zeit.

In der Literatur wird häufig ein Zusammenhang zwischen dem Kriegsende und der
>Machtübernahme< der Nationalsozialisten hergestellt und auf die Doppelbedeutung der Daten
- einerseits die Befreiung am 8. Mai 1945, andererseits die Katastrophe am 30. Januar 1933
- hingewiesen. Denn die Geschehnisse des Kriegsendes, die Schrecken des Einmarsches, die
Ängste um die Kriegsgefangenen, sind nur verständlich, wenn die Handlungen der Nationalsozialisten
in Deutschland und in den Überfallenen Nachbarländern berücksichtigt werden.

Zudem kommt dem Datum 8. Mai 1945 eine zweifache Bedeutung zu: auf der einen Seite
die militärische Niederlage der deutschen Armee, zum anderen die politische Befreiung des
deutschen Volkes vom nationalsozialistischen Terror.

»Stunde Null«, »Zusammenbruch«, »Befreiung«, »Ende des Naziregimes« und »Kapitula-

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