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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0117
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burlaclingen (1945-1948)

hen. Man hat ja gewußt, daß das kommen muß. Man hat ja gewußt, der Krieg muß ausgehen,
es ist nur noch ein Frage von kurzer Zeit. (...) Wenn die (die Nazis, d.V.) gewonnen hätten,
dann gnade Gott, dann hätte kein Mensch mehr atmen dürfen. Und deshalb war man froh, daß
der Krieg aus war, daß Franzosen gekommen sind, daß man endlich sagen konnte, jetzt ist
man weg vom Hitler. Endlich kein Krieg mehr, hat man immer gesagt. Und jetzt muß etwas
Neues kommen, es muß ein Neuanfang kommen«22. »Da ist jeder froh gewesen, daß es aus
war. Die erste Zeit war natürlich alles im Zweifel, ob so oder so. Und als dann die ersten Soldaten
heimkamen, war natürlich alles froh, daß es aus war, und daß sie alle wieder da waren, so
gut wies ging«23.

Die Mehrzahl der Interviewpartner/innen erinnert sich heute deutlich, daß der Einmarsch
der Franzosen von der Bevölkerung nicht als Befreiung empfunden wurde. »Jeder hat gedacht
, Gott sei Dank ist der Krieg aus, und jetzt wird's viel besser. Jetzt wird alles gut werden.
Man hat eben gemeint, wenn die (Franzosen, d.V.) kommen, das ist die große Befreiung. Und
das war aber überhaupt nicht so«24. »Es war schon eine Erlösung geschwind. Man hat ja an gar
nichts anderes gedacht. Ich weiß noch, als wir aus dem Hirschkeller herausgekommen sind, alle
Nachbarn, haben wir gesagt: Gott sei Dank, jetzt ist der Krieg aus! Man war geschwind erleichtert
und hat denen noch zugejubelt und gewunken. Und nachher hieß es dann, man muß
aufpassen, das und das und das. Aber zuerst war man ganz ganz leicht und erlöst, daß es vorbei
gewesen ist einfach. Daß man den Krieg eigentlich verloren hat, das hat niemand gedacht,
im Moment nicht. Und dann hat man auch im stillen gehofft, jetzt kommen unsere Leute wieder
so langsam zurück«25. »Man hat gedacht, also jetzt ist das vorbei, jetzt ist der Krieg aus.
Für uns war dann der Krieg praktisch aus, wenn das nicht gewesen wäre beim Einmarsch. Es
war eigentlich viel schlimmer als vorher, denn so etwas haben wir ja während des Krieges nicht
mitgemacht. Das hat man ja gar nicht gekannt«26. »Ich glaube nicht, daß man den Tag des Einmarsches
als Befreiung empfunden hat, eher als Gegenteil, die Burladinger sind geschockt
worden. So wie's die gefangenen Franzosen in Burladingen gehabt haben, hat Burladingen das
nicht verdient, wie man's denen gemacht hat. Ich hätte mit den gefangenen Franzosen getauscht
; ich wäre als Soldat weg und wäre als Gefangener gegangen wie die Franzosen«27. »Das
war keine Befreiung, der Höhepunkt war's so. Jetzt, hat man gedacht, jetzt ist der Krieg aus.
Man hat nicht gedacht, es geht woanders weiter. Das weiß ich noch genau, ich habe es damals
so empfunden. Ich habe gedacht, jetzt ist alles vorbei. Also jetzt kann es nur noch besser werden
. Das einzige war das, man hat gedacht, das ist das Letzte. Aber damit hat man nicht gerechnet
, daß es so kommt. Ob man es als Niederlage gesehen hat? Man hat eben gedacht, jetzt
ist es aus. So hat man das empfunden. Das hat wahrscheinlich alles andere überwiegt«28.

Da jede und jeder sich an das eigene Erleben des Kriegsendes erinnert, können die vielen
Mosaiksteine kein einheitliches Bild ergeben. Folglich kommen auch in Herrn G.'s Erinnerung
wechselseitige Gefühle hinsichtlich >Befreiung< oder >Niederlage< zum Ausdruck: »Der
Krieg ist fertig, das war eben das A und O. Vorrangig war, jetzt geht der Krieg aus. Und daß es
ein großes Glück gewesen ist, daß so eine Besatzung durchgeht ohne große Verluste an Gebäuden
und ohne Kampfhandlungen, das hat man auch zu schätzen gewußt. Man hat ja vorher
gemerkt oder gewußt, was in den Städten passiert ist. Obwohl, ich muß sagen, ich stand auf
der Straße. Und als es dann soweit war, und die Franzosen hereingefahren sind, haben sie dann
an ein paar Häusern weiße Tücher herausgehängt. Ich habe das niemand übelgenommen, im

22 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

23 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

24 Interview mit Frau F. am 16.4.1991.

25 Interview mit Frau G. am 29.4.1991.

26 Interview mit Frau E. am 15.5.1991.

27 Interview mit Herrn E. am 15.5.1991.

28 Interview mit Frau E. am 15.5.1991.

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