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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0137
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

marsch versteckten Gewehre wieder ausgegraben und abgeliefert hat, um nicht von der Bevölkerung
denunziert zu werden. »Mein Vater war ja Jäger und hat Waffen, Gewehre gehabt.
Und dann hat's gleich geheißen, da hat man ja noch keine Lautsprecher gehabt, mit der Klingel
kam der: Alle Waffen und alle Radios abgeben und alles ins Rathaus bringen! Und mein Vater
hat noch vorher mit mir die Waffen vergraben. Aber dann hat er gesagt: Du, mich wird man
bestimmt denunzieren, weil ich Jäger bin und man weiß, daß ich Waffen habe. Ich muß alle
Waffen auf's Rathaus bringen. Raus, wir buddeln alles wieder aus! Und dann haben wir einen
Leiterwagen voll, unten das Radio und oben alle seine Waffen, auf's Rathaus bringen wollen.
Er hat sie nicht ganz hineingebracht, unterwegs haben ihm die Franzosen welche abgenommen
. Wenn einer gekommen ist und hat gesehen, der hat ein gutes Gewehr: Also her, das
gehört mir! Da ist ja nichts registriert worden, aber mein Vater hatte eben dann ein gutes Gewissen
. Sie kamen ja dann auch und haben im Garten gestochert mit so einem Gerät, das auf
Metall anspricht, ob da etwas versteckt ist. Dann hat schon einer gesagt gehabt, da könnte man
einmal schauen«128.

Eine gegensätzliche Erinnerung - diese Ablieferungsaktionen betreffend - an die Nachbargemeinde
Hausen: »Das gab's in Hausen nicht, daß jemand gesagt hat, der muß doch noch ein
Gewehr haben. Es war vielleicht doch noch mehr eine kleinere Dorfgemeinschaft, in der man
sicher auch seine Freunde und Feinde hatte. Aber es hat doch wieder die Gemeinschaft überwogen
, möchte ich einmal sagen«129.

Die Stimmung der Bevölkerung nach dem Einmarsch der Franzosen war reserviert. Einerseits
war man erleichtert, daß Burladingen nicht militärisch verteidigt und beschossen worden
war, daß die Besetzung verhältnismäßig ruhig verlaufen war. Andererseits war und blieb für
die meisten Burladinger/innen die französische Besatzungsmacht der Feind. Und dann
herrschte bei einzelnen Bürgern auch das Gefühl vor, mit dem Einmarsch endlich von der Naziherrschaft
befreit zu sein. »Die Menschen waren froh, daß endlich alles vorbei war. Als die
hereingekommen sind mit ihren Jeeps, hat man denen fast auf der Straße zugejubelt. Da waren
natürlich noch nirgends Marokkaner. Die sind erst hinterher gekommen, das war ja das
Fußvolk. Und voraus kamen die Offiziere mit ihren Wagen. Jeder war froh, daß es vorbei war
und hat gesagt: So, jetzt ist für mich der Krieg aus«'30.

Diese von Erleichterung und Freude über das Ende des Krieges geprägten Empfindungen
werden sowohl in den historischen Zeugnissen als auch in der heutigen Erinnerung der Zeitzeugen
/innen mit Gefühlen der unmittelbaren Bedrohung durch die Besatzer verbunden.
»Am frühen Morgen des 24. April 1945, als die Burladinger sich anschicken wollten, das Fest
des Kirchenpatrons, des heiligen Fidelis, feierlich zu begehen, erfolgte der Einmarsch französischer
Streitkräfte in Burladingen. Dieser Tag wird allen Burladingern für immer im Gedächtnis
bleiben und die Erinnerung wachrufen, wie es damals war«131. »Zeitlebens wird den Bewohnern
der Gemeinde der Tag der Besetzung, das Fest des heiligen Fidelis, in bleibender Erinnerung
haften«132.

Weshalb dieser Tag - und nicht nur der eine Tag - »allen Burladingern für immer im Gedächtnis
bleiben wird«, ist hinreichend bekannt, denn ebenso wie in den Städten wurden auch
in den Landgemeinden Requirierungen und Beschlagnahmungen vorgenommen, Plünderungen
, und das Schlimmste der ersten Nachkriegszeit, Vergewaltigungen, konnten nicht verhindert
werden.

128 Interview mit Frau F. am 16.4.1991.

129 Interview mit Herrn G. am 29.4.1991.

130 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

131 Burladinger Heimatbuch, S. 113.

132 Chronik der katholischen Pfarrgemeinde Burladingen.

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