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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0143
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

oder irgend etwas von dem an den Eingang gehängt, und dann haben die Marokkaner schon
Angst gekriegt und sind vorbeigegangen«163.

Die daheim anwesenden Männer hatten offensichtlich keinerlei Möglichkeit, ihre Frauen,
Töchter oder Schwiegertöchter vor den Besatzern zu schützen. »Und gucken Sie einmal,
wenn jetzt ein Mann im Haus war. Mein Vater war ja daheim. Aber angenommen, da wäre
jetzt so ein rabiater Kerl gekommen und er hätte sich vor meine Mutter oder meine Schwestern
gestellt, das hätte gar keinen Sinn gehabt. Der hätte sich zuerst verstecken müssen, sonst
wäre das Unheil noch größer geworden«'64. »Die Männer konnten nichts machen, die konnten
gar nichts machen. Das war eine schlimme Zeit, das war schon schlimm«165. »In der Nachbarschaft
meiner Eltern ist eine Frau vergewaltigt worden. Und der Vater wollte sich wehren,
dann hat er gleich eins auf den Kopf gekriegt und dann haben sie ihn abgeführt. Später haben
sie ihn wieder nach Hause gelassen. Die Männer konnten nichts dagegen tun. Der hat sich gewehrt
, wollte sich für seine Tochter einsetzen, dann haben sie ihn zusammengeschlagen«166.
«Ein alter Mann, der sein Haus und seine Schwiegertochter schützen wollte, wurde so
mißhandelt und niedergeschlagen, daß er bewußtlos liegenblieb und in der Nacht an Gehirnerschütterung
starb, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben«167.

Die einzige Möglichkeit, sich vor den Marokkanern zu schützen, war, sich ein sicheres Versteck
zu suchen. Welche Art von Verstecken den Mädchen und Frauen zur Verfügung standen
, wird von den Burladingern/innen detailliert beschrieben. Außerdem gewährte der Pfarrer
den Frauen im Pfarrhaus und in der Kirche Schutz vor Marokkanern und Franzosen. »Wir
waren praktisch in einem Loch unten versteckt, meine Schwester und ich. Wir waren 28 Stunden
hintereinander da unten drin. Meine Mutter hat uns ab und zu etwas zu essen durch einen
Spalt hineingesteckt. Und über uns waren die Marokkaner, da war eine ganze Kompanie. Sie
wollten dann auf den Heuboden, und dann hat mein Vater sie geholt und gesagt, sie sollen in
die Wohnung gehen; bloß, damit sie uns nicht finden. Dann sind sie in andere Häuser gegangen
. Viele haben im Schwesternhaus und beim Pfarrer übernachtet. Im Pfarrhaus war ich auch
einmal nach zehn Tagen, als mir einer hinterher ist. Und da sind sie nicht hinein, da haben sie
ein bißchen Respekt gehabt. Also, man hat sich in der Kirche, bei den Schwestern und dann
eben in den Häusern versteckt. Wenn wir daheim die Scheune oben gehabt hätten, hätten sie
uns auch gefunden. Aber wir hatten die Scheune unten und dann hat man, wenn man so hergekommen
ist, keine Scheune gesehen. Die haben gewußt, in welchen Häusern Frauen waren.
Vielleicht hat man es ihnen irgendwie gesagt«168.

»Und andere Frauen sind eben auch durch vor den Franzosen und sind in die Kirche geflohen
, und ins Kinderhaus zu den Barmherzigen Schwestern. Da sind eben auch verschiedene,
als ihnen die Franzosen nach sind, daheim abgehauen und da (in der Kirche, d.V.) haben sie ihnen
natürlich nichts gemacht. Da hat's nichts gegeben. Da haben sie doch ein bißchen Respekt
gehabt«169. »Man konnte sich im Kinderhaus und bei den Ordensschwestern verstecken. Es
sind hier einige solcher Plätze gewesen, wo man sich versteckt hat. Bei Tag bin ich daheim gewesen
. Wir haben auch Landwirtschaft gehabt, aber da habe ich mich natürlich auch nicht
blicken lassen, weil man einfach Angst gehabt hat. Da bin ich auch ganz hinauf in die Scheune,
bevor's auf's Dach geht. Man hat sie schon reden gehört, im Hof haben sie immer ein Feuer gemacht
und haben gerade die Hühner und die Sachen gegrillt, die Marokkaner eben«170.

163 Interview mit Herrn A. am 22.1.1991.

164 Ebd.

165 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

166 Interview mit Frau E. am 15.5.1991.

167 Chronik der katholischen Pfarrgemeinde Burladingen.

168 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

169 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

170 Interview mit Frau G. am 29.4.1991.

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