Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0147
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

türen der Gaststätte geschrieben und dadurch die plündernden Marokkaner, die dort französische
Soldaten vermutet haben, abgehalten. Andererseits hatte ihr Schwiegervater zu den einquartierten
Franzosen im Lazarett des Lindensaals ein gutes Verhältnis, und außerdem agierte
eine Tante als Kontaktperson zu den Franzosen. »Mein Vater hat ihnen so einen alten Eisenofen
hingestellt. Dann haben sie sich ordentlich bei ihm bedankt. Die Marokkaner waren
nicht so schlimm, wenn man mit ihnen umgehen konnte. Und meine Tante hat perfekt französisch
gesprochen. Und wenn etwas gewesen ist, dann ist sie bloß zum Kommandanten und
hat's gleich vorgebracht. Der hat dann natürlich auf die Marokkaner ein bißchen Druck ausgeübt
. Da hat man schon ein bißchen einen Vorteil gehabt«180. »Das waren Franzosen und Marokkaner
im Lazarett. Die Marokkaner sind dann von hier aus nach Hause entlassen worden.
Der Opa hat ihnen dann noch Anzüge und Sachen von ihnen (sie meint ihren Ehemann und
dessen Bruder, d.V.) gegeben, damit sie in Zivil heim konnten. Das waren Nette, die Marokkaner
. Die waren beinahe noch netter als die Franzosen. Die haben uns abends - das hätten sie ja
gar nicht dürfen - geholfen, Kartoffeln abladen in den Keller hinunter, und sind immer bei uns
gewesen. Es sind auch Frauen vergewaltigt worden, aber da ist nichts gewesen, solange sie bei
uns gewesen sind. Da hat's also gar nichts gegeben. Wir haben mit denen überhaupt keine
Schwierigkeiten gehabt. Der Opa hat sich gut mit ihnen verstanden, und dann war die Tante
X. hier und sie ist dann in der Kommandantur gewesen. Dann haben wir immer ein bißchen
einen Vorsprung gehabt. Da hat sie viel schlichten können, das hat viel ausgemacht. Das waren
sehr Nette. Wir haben gar keine Angst haben müssen. Wir haben dann auch abends im Saal
solche Tanzveranstaltungen von denen gehabt, aber da hätten wir gar keine Angst haben müssen
. Aber ich sage ja, das ist hauptsächlich durch die Tante X. gekommen, weil sie auf der
Kommandantur war und sich immer mit diesen Herren unterhalten hat. Da hat sie übersetzt
und war da von morgens bis abends. Wahrscheinlich war sie eine von wenigen Burladingern,
die französisch konnte«181.

Zwei Gesprächspartnerinnen erzählen, daß die deutschen Frauen auch bei den französischen
Fremdarbeitern, die sich zum Zeitpunkt des Einmarsches und der anfänglichen Besatzung
noch in der Gemeinde aufhielten, Schutz gesucht haben: »Meine Nachbarin hat einen
Franzosen im Quartier gehabt, der hier gearbeitet hat. Das wird auch noch ein Gefangener gewesen
sein. Da wollte ich einmal einen Teppich die Veranda herunterschütteln, und jetzt sitzen
da mindestens zehn Frauen und alle haben so ein Kopftuch umgebunden. Ich bin ganz erschrocken
, denn ich habe meine Arbeit getan wie alle Tage. Der Franzose hat hier beim Sauter
gearbeitet und am Anfang (kurz nach Kriegsende, d.V.) ist er ja noch hier gewesen. Und deshalb
sind die Weiber alle dorthin ins Haus und sind da draußen gesessen. Die haben gedacht,
da können sie Schutz suchen«182. »In Hermannsdorf (außerhalb gelegener Teil Burladingens,
d.V.) war auch ein Kriegsgefangener, der hat anscheinend auch alle beschützt beim Einmarsch.
Die anderen sind ja eine Nacht vorher alle gegangen, da hat man die alle abgeholt. Die Franzosen
haben sie geholt, damit sie nicht im Ort sind, falls etwas passiert. Und der eine hat sich versteckt
und war dann da und hat die Frauen beschützt. Und in Burladingen war, glaube ich,
auch einer da. Der ist auch nicht gegangen, der war auch hier. Irgendwo ist er wahrscheinlich
untergetaucht«183.

Simultan zu diesen beiden Erinnerungen hat eine Informantin den Schutz durch französische
Fremdarbeiter persönlich erfahren: »Gleich am Morgen des 24. April ist da einer gekommen
. Ich habe beim Fauler gearbeitet, und da waren auch ein paar Zivilfranzosen. Das waren
Gefangene, die konnten dann aber erklären, wir wollen aus der Armee heraus. Und die haben
hier in einem Zimmer gewohnt. Dann ist da einer gekommen und hat gesagt: Hühner weg, al-

180 Interview mit Herrn H. am 16.5.1991.

181 Interview mit Frau H. am 16.5.1991.

182 Interview mit Frau C. am 12.3.1991.

183 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

135


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0147