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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0148
Ute Weidemeyer-Schellinger

les weg! Da sind sie schon auf die Jagd gegangen. Und: Mädchen weg! Der konnte so gebrochen
deutsch. Er hat seine Braut hier gehabt, die hat unter der Apotheke gewohnt. Dann hat
der Franzose alle Mädchen, die er von der Fabrik her gekannt hat, zusammengetrommelt.
Dann sind wir dort, wo die Freundin des Franzosen gewohnt hat, immer abends hin zum
Schlafen und morgens wieder heim. Wir sind alle in der Küche auf dem Steinfußboden gelegen
wie die Heringe, eine neben der anderen. Das waren eben die Frauen, denen gegenüber er sich
dankbar gefühlt hat, die ihm geholfen und ihm auch einmal etwas gegeben haben. Und dann
ist einmal etwas Schlimmes passiert. Bei Nacht haben sie an der Tür gerüttelt, und wir haben
doch alle Angst gehabt. Dann ist ein Franzose - das war auch ein Zivilfranzose - aus dem Zinken
gekommen und hat zwei Frauen gebracht, die vergewaltigt worden sind, obwohl er gesagt
hat, das sind meine Freundinnen. Aber er konnte sich eben nicht durchsetzen. Also die haben
schon etwas mitgemacht. Ich glaube nicht, daß man nach den Vergewaltigungen etwas gemacht
hat, aber Kinder sind auch keine auf die Welt gekommen. Aber so genau weiß man das
auch nicht alles. Vielleicht sind die dann doch zum Arzt und man hat etwas gemacht. Die Zivilfranzosen
sind dann aber nach einer Woche oder so nach Hause, die haben ja auch heim
wollen. Ach, haben wir da Angst gehabt. Dann hat der Franzose gesagt, da schreibt man
>Büro< in französisch an die Tür. Ich habe dann gesagt: In so einem alten, kleinen Haus, das
glaubt doch kein Mensch. Er hat dann gesagt, die können das auch nicht so genau lesen. Wenn
die nur sehen, daß etwas dran steht, dann ist das schon für die gesichert. Es ist dann nichts passiert
, Gott sei Dank, aber man hat viel Angst gehabt«184.

In den Gesprächen mit den Zeitzeugen/innen wird mehrfach die Meinung vertreten, daß
die Burladinger das Verhalten der Franzosen und Marokkaner selbst verschuldet haben - ein
erstaunliches Verhalten innerhalb einer Dorfgemeinschaft, in der im Regelfall doch nur die
positiven Ereignisse nach außen dringen! »Da sind aber auch wieder, so wie ich gehört habe,
die Unsrigen schuld gewesen. Die haben doch genau gewußt, daß nichts mehr läuft, aber da
oben haben die Unsrigen noch einmal ordentlich geschossen. Und dann hat man den Marokkanern
versprochen, in den nächsten Ort, in den sie kommen, da dürfen sie noch einmal richtig
die Sau herauslassen«185. »Da drüben ist ja das Gasthaus >Waldhorn<, das war früher eine
Weinhandlung. Und der hat dort ziemlich viel Wein gelagert gehabt. Die sind eben hineingegangen
, haben den Keller aufgebrochen und haben sich vollaufen lassen. Und dann sind sie, so
besoffen wie sie waren, ausgeschwärmt und haben sich über ,..«186.

»Aber man muß wiederum sagen, der Deutsche ist der blödeste Hund. Im >Waldhorn< unten
und der Y. (Feinkostgeschäft, d.V) haben, anstatt daß sie den Leuten die Getränke vor dem
Einmarsch ausgegeben hätten, sie in ihren Läden aufgehoben. Und dann sind die Marokkaner
gekommen und haben sich richtig vollgesoffen. Anstatt sie das vorher ausgegeben hätten! Daß
die doch auch das Trinken und Essen holen, wo sie können, das hätte man sich denken können
. Das, was ich jetzt hier sage, das weiß ich, das habe ich mir sagen lassen. Dann sind die ins
>Waldhorn<, der hat noch einen Weinhandel gehabt, und zum Y. auch. Die haben natürlich
überall geguckt, wo es etwas zu trinken gegeben hat. Und dann sind sie voll besoffen gewesen.
Das ist auch genau wie bei den Russen. Bei den Deutschen muß man auch sagen, wenn die besoffen
sind, dann sind sie auch so. Nur sind dann eben die Südländer und auch die Russen, sagen
wir einmal, unkultivierter«187.

Im Rahmen von Kriegshandlungen scheinen Vergewaltigungen Taten einer Gruppe zu
sein, die im Siegesrausch auch über Frauen herfallen. Denn im eroberten Land werden alle
nötigen Dinge in Besitz genommen und unter den neuen Machthabern verteilt: Waffen, Häuser
, Nahrungsmittel - und Frauen.

184 Interview mit Frau G. am 29.4.1991.

185 Interview mit Herrn E. am 21.3.1991.

186 Interview mit Herrn A. am 22.1.1991.

187 Interview mit Herrn E. am 21.3.1991.

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