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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0155
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

Schluß und manchmal mittags. Da sind die Leute auf dem Feld gewesen und dann hat's geheißen
, ab drei ist Ausgangssperre. Und man hat ja auch nicht radfahren dürfen. Man durfte
nicht hinaus«228. »Da hat man dann ab acht oder ab sechs Uhr keinen Ausgang mehr gehabt.
Und das weiß ich auch noch, da haben wir, wie von hier zum Nachbarn, hinter dem Vorhang
geschwätzt. Wir waren hier drüben und haben am Abend immer von Fenster zu Fenster miteinander
geschwätzt, weil man Ausgangsverbot gehabt hat. Die Franzosen haben das kontrolliert
. Also da hätte man nicht hinaus dürfen, da hätte man einen nicht erwischen dürfen«229.

Was geschehen konnte, wenn man - und wenn auch nur aus Versehen - gegen die Ausgangssperre
verstoßen hat, daß solch ein Vergehen sogar Ende 1945 noch entsprechend schwer
bestraft wurde, berichtet ein Interviewpartner: »Am 19. November 1945 hat ein Kamerad von
mir geheiratet. Ja jetzt, was machen? Dann haben wir zufällig geschlachtet gehabt und haben
dann daheim ein bißchen Fleisch und Wurst geholt. Dann sind wir noch ins Cafe Heim und da
hat's auch noch Most gegeben. Und dann haben wir das da verzehrt und gevespert bis morgens
um fünf. Und als nichts mehr da war, wollten wir heimgehen. Pfeifendeckel! Wir haben
nicht überlegt, daß man erst um sechs Uhr morgens hinaus durfte. Von abends zehn bis morgens
sechs war Ausgehverbot. Da war also nichts drin 45. Und wir sind zum Haus hinaus, und
da fuhr zufällig die französische Streife und hat schon geschossen. Ja, jetzt was? Wir sind zum
Teil wieder hinein, die anderen sind abgehauen und einen haben sie eben erwischt. Und was
wollte der machen? Der mußte eben alle angeben. Dann sind wir drei Tage in Hechingen im
Gefängnis eingesperrt gewesen. Das war natürlich bis oben hin voll, da waren auch noch
Braune drin und alles mögliche noch vom Dritten Reich her eingesperrt, Ortsgruppenleiter
und so weiter. Die Türen waren offen im Gefängnis, der eine konnte also zum anderen hinein,
und dann hat man natürlich Karten gespielt und alles mögliche. Nach drei Tagen haben sie uns
wieder laufen lassen. Und nachher sind wir noch bestraft worden. Da hat's noch eine Verhandlung
gegeben, und dann haben wir noch mal 50 Mark zahlen müssen wegen Überschreitung
des Zapfenstreiches oder Ausgehverbots«230.

2.3.2. »DAS WAREN WIRKLICH GROSSE SCHWIERIGKEITEN FÜR DIE GEMEINDE
«

Auch die nachfolgenden Geschehnisse der ersten Tage der französischen Besatzung in Burladingen
illustrieren, daß die Franzosen selbst in Landgemeinden ihre Besatzungsherrschaft
streng und unnachgiebig ausgeübt haben. »Weil ein zurückgekehrter Wehrmachtsangehöriger
sich nicht gemeldet hatte, wurde der Gemeinde am 11. Mai 1945 eine Kontribution von einer
halben Million Reichsmark auferlegt, welche dann später wegen guter Führung der Bevölkerung
nach langen Verhandlungen erlassen worden ist. Die Aufbringung dieser Riesensumme
in kürzester Frist hat die Gemeinde- und Kreisverwaltung vor allergrößte Schwierigkeiten gestellt
. Weil er nicht zögerte, diese der Hechinger Militärregierung vor Augen zu führen, wurde
der damalige Landrat Schraermayer seines Amtes enthoben. Die Entgegennahme eines von
den hiesigen Fabrikanten verbürgten Schecks lehnte die Besatzungsbehörde zunächst ab. Da
alle Geldinstitute geschlossen waren, blieb nur übrig, die Aufbringung der Summe durch bare
Spenden zu versuchen.

Am 16. Mai 1945 erging hierzu folgender Aufruf des Bürgermeisters Widmaier: >Schwere
Sorge liegt heute wieder über unserer Gemeinde. Die Hoffnung, die Militärregierung in Hechingen
würde sich für die uns auferlegte Strafe von 500.000 Reichsmark mit einem Scheck begnügen
, für den die hiesigen Fabrikanten in opferbereiter Kameradschaft die Bürgschaft übernommen
hatten, erfüllte sich leider nicht. Gestern abend teilte mir der neue Landrat in Hechingen
mit, daß die ganze Summe längstens bis heute mittag um drei Uhr vom Kreis

228 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

229 Interview mit Frau E. am 15.5.1991.

230 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

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