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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0157
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

ladinger Bürger gehandelt hätte? Wollte der Denunziant - möglicherweise eine Unterstellung
- mit dieser Handlung bezwecken, daß die dörfliche Gemeinschaft wieder frei von Evakuierten
und Fremdarbeitern wird? Oder konnte er es einfach nicht ertragen, daß er selbst sich gemeldet
hatte und verhört wurde, während ein anderer sich bisher versteckt halten konnte?

Heute wird die Schuld natürlich nicht dem Denunzianten, der die Probleme ausgelöst hat,
sondern dem evakuierten Mann zugeschoben. Nicht wir, die Burladinger - in solch einem Fall
gehört man einer verschworenen Dorfgemeinschaft an -, sondern der andere, der Fremde war
es! Hier läßt sich erneut ein Projizieren des eigenen Fehlers auf einen anderen Menschen dokumentieren
!

»Beim Einmarsch ist nichts passiert. Es war nur so, die Heimkehrer, die Soldaten, mußten
sich ja bei den Franzosen melden. Alle, die heimkamen, 45/46 noch. Und da hat sich scheinbar
auch einmal einer nicht gemeldet und dann haben sie das herausgebracht. Dann mußte die Gemeinde
500.000 Mark als Strafe zahlen. Wie es dann weitergegangen ist, weiß ich nicht mehr so
genau. Ich glaube, die Strafe ist nachher wieder erlassen worden. Den haben sie aber nachher
erwischt und dann haben sie ihn noch eingesperrt. (...) Freilich hat der das mit Absicht gemacht
. Der hat sich eben nicht gemeldet und damit basta. Obwohl jeder wußte, daß er sich
beim Franzosen melden muß innerhalb der und der Zeit. Das waren wirklich große Schwierigkeiten
für die Gemeinde. Die ganzen Fabrikanten hätten zur Verfügung gestellt, was sie
hatten, wenn's hätte sein müssen. Ich meine, die (Franzosen, d.V.) hatten die Macht. Die konnten
sagen, wenn innerhalb der und der Zeit dies und jenes nicht da ist, wird das und jenes eben
abgeholt«234. »Alle haben mithelfen müssen, daß man das Geld zusammengebracht hat«235.

»Er hat sich versteckt. Der hat schon gewußt, daß man sich melden muß. Aber ich weiß
auch nicht, weshalb er das nicht getan hat. Ich habe mich doch auch gemeldet, jeder hat sich
melden müssen. Ganz am Anfang war damit zu rechnen, daß man noch einmal erneut in Gefangenschaft
verschleppt wird. Vielleicht war das der Grund, vielleicht (...).

Auf jeden Fall war das schon eine Katastrophe. Heute wär's kein Problem, man ginge auf
die Bank. Aber die Bank war geschlossen, die hätte ja gar nicht aushelfen können, und die Fabrikanten
haben auch nicht so viel Bargeld gehabt. Dann hat man ja eine Sammlerei veranstalten
müssen, bis alles beieinander war. Und dann hat's doch nicht gelangt, dann haben sie, glaube
ich, noch gnädigerweise Bürgschaften entgegengenommen. Aber, man muß sich das einmal
vorstellen! Was stand gegenüber? Eine Drohung mit wieviel Männern? Da stand schon eine
Drohung im Hintergrund, wenn man's nicht zusammenkriegt. (...) Wahrscheinlich wollte er ja
die Bevölkerung nicht in so ein Dilemma bringen. Vielleicht hat er Angst gehabt, ich weiß es
auch nicht.

Ich glaube nicht, daß man die Wehrmachtsangehörigen gesucht hat, aber man hat sich's
nicht leisten können. Die Nachbarschaft und alle haben es ja gewußt, daß man da ist. Es war
natürlich am Anfang schon wenn jetzt einer ohne Entlassungspapiere heimgekommen ist.
Das hat's ja verhältnismäßig oft gegeben. Und der hat schon damit rechnen müssen, daß sie
ihn wieder packen. Die Franzosen haben ja viele wieder mit, sie haben sie einfach wieder mit
nach Frankreich, nachdem sie glücklich irgendwoher heimgekommen sind, aus der amerikanischen
Zone oder weiß Gott woher. Manche haben sich ja von Rußland durchgeschlagen und
die haben ja keine Papiere gehabt. Als ich heimgekommen bin, habe ich meine ordentlichen
Entlassungspapiere von den Franzosen gehabt, ich war ja in Frankreich. Ich habe eigentlich
keine Angst mehr haben müssen. Aber wenn einer ohne Papiere und so, und vor allen Dingen
gleich unmittelbar nach dem Krieg heimgekommen ist, da haben sie ja noch schalten und walten
können. Ich vermute, daß der auch keine Papiere hatte. (...) Aber der hat schon einiges auf
sich geladen mit dieser Handlung«236.

234 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

235 Interview mit Frau C. am 12.3.1991.

236 Interview mit Herrn A. am 22.1.1991.

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