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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0159
»Es war wie überall, eben kleiner« - Französische Besatzung in Burladingen (1945-1948)

Dorf, an deren Spitze ein sehr strenger Colonel als Kommandant stand. Er verhängte sofort
ein Ausgehverbot von abends acht bis morgens sieben Uhr. (...)

Am Dienstag, den 8. Mai 1945, erfolgte die bedingungslose Kapitulation der deutschen
Streitkräfte zu Wasser und zu Land und in der Luft. Noch nie ist ein Heer so gründlich besiegt
worden wie die einst so stolze Armee Hitlers. Ein furchtbares Bild des Jammers und des
Elends, wenn man bedenkt, wieviel Not, Schmerz, Elend, Hunger, Entbehrung, Leid, Sorge in
ganz Europa durch einen Wahnsinnigen verursacht wurde, Vernichtung von Milliardenwerten
, Vernichtung und Verstümmelung von zig Millionen Menschen. Wie lange werden unsere
armen Soldaten noch in Gefangenschaft schmachten müssen und dort zum Teil durch Hunger
und Krankheit elend zugrunde gehen! Millionen, endlose Züge Gefangener werden in den
nächsten Tagen die Straßen des Elends bevölkern.

In den ersten Tagen nach der Besetzung durch die Franzosen zog hier ein Gefangenentransport
durch nach dem Heuberg mit circa 2000 Mann. Die Leute brachten aus den
Häusern Brot, Fleisch und zu trinken. Ein Bild des Jammers, das auch dem Hartgesottensten
tief ans Herz greift«238.

Diese Gefangenentransporte deutscher Soldaten, die - meist bewacht von französischen
Kolonialtruppen - kurz nach Kriegsende durch Burladingen gezogen sind, stehen heute ebenfalls
im Zentrum der Erinnerung der Zeitzeugen/innen. Die Bevölkerung stellte dabei ihre
Hilfsbereitschaft unter Beweis, hat den Gefangenen Nahrungsmittel und Decken gebracht,
obwohl dies streng verboten war. »Hier ist auch einmal ein großer Gefangenenzug durch und
denen haben wir dann - wir haben daheim gerade Zwieback gebacken gehabt - den ganzen
Korb an die Straße gestellt. Die Wachsoldaten, die Begleiter, die Franzosen oder was es waren,
haben bloß in die Luft geschossen. Also, manche Leute haben alles hergegeben. Es waren aber
auch Leute da, die keinen Menschen im Krieg gehabt haben, die haben kein Stückchen Brot
herausgegeben. Das waren deutsche Kriegsgefangene, die da durchgezogen sind. Die waren
arm dran. Und einer hat noch irgendeinen Namen herausgeschrien, der und der lebt noch«239.

»Und dann war ja am 8. Mai der Krieg offiziell beendet. Dann kamen ja durch die Straßen
die deutschen Soldaten und die sind ja alle auch von Marokkanern bewacht worden. Es kamen
zwei Tage lang nur Gefangene die Hauptstraße entlang. Die deutschen Soldaten haben immer
gerufen: Gebt uns Brot und gebt uns etwas zu trinken! Und wir haben dann - man hat ja auch
nicht viel gehabt - das bißchen Brot hat man dann verteilt, aber das durfte man nicht. Die
durften natürlich auch nicht heraus aus der Reihe. Und dann hat man doch ab und zu jemand
etwas hingegeben. Man hat ja Most gehabt und hat ihnen dann Most zu trinken gegeben. Die
sind dann nachher alle in Gefangenschaft gekommen, im Kreis Tübingen war ja ein ganz
großes Gefangenenlager. Alle, die man gefangen hat, waren da bei Riedlingen und hier sind sie
dann nur durchgezogen«240.

»Und das war auch noch schlimm. Die Franzosen haben ja noch in der Nähe Gefangene
gemacht, die haben sie ja dann eingekreist. Und dann hat man sie auf der Hauptstraße durch
den Ort geführt. Da sind lange Kolonnen durchgezogen, deutsche Gefangene. Das war noch
einmal bitter! Dann hat man aus den Häusern heraus - wir selbst auch -, jeder hat damals ein
bißchen Most gehabt, und ist dann mit den Gläsern heraus und ist da entlanggelaufen, daß die
einmal trinken konnten. Aber manch ein Bewacher hat einen dann weggedrückt und hat einen
weggejagt. Die Franzosen wollten nicht einmal haben, daß man den deutschen Soldaten etwas
zu trinken gibt. Das war auch bitter«241.

»Die sind hier nur durchgezogen. Da hat man dann vorübergehend ein Sammellager eingerichtet
auf freiem Feld, und dann sind die nach Frankreich transportiert worden. Denen ist es

238 Ebd.

239 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

240 Interview mit Frau F. am 16.4.1991.

241 Interview mit Frau G. am 29.4.1991.

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