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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0164
Ute Weidemeyer-Schellinger

»Es mußte auch jeder ein Paar Schuhe und jeder einen Anzug abliefern. Es waren auch Leute da,
die haben beim Eugen Mayer - da war ein Schuhlager - zig Paar Schuhe geholt. Da war eine
Haushaltung, die hat weiß Gott wieviel Schuhe gehabt. Dann ist die hin und hat zwei linke und
zwei rechte fortgetragen und gesagt, sie habe keine anderen. Ja, sie müsse ein Paar bringen!
Dann hat sie eben keines gebracht, und dann sind sie zu ihr hinaus und da haben sie zehn oder
zwölf Paar nagelneue Schuhe gefunden. Dann haben sie ihr alle weggenommen und welche von
ihren eigenen auch noch. Sie hat dann noch das eine Paar gehabt, das sie anhatte. Das hat's auch
gegeben in der Dummheit drin! Einen Anzug mußte man abgeben pro Haushaltung, einen
Herrenanzug. Kleider wüßte ich nicht, aber Anzug und Schuhe mußte man abgeben«265.

»Mit den Kleidern ist es hier auch so gewesen. Man hat also für jeden Mann einen kompletten
Anzug abliefern müssen und ein Paar Schuhe und wahrscheinlich Wäsche. Jedenfalls als
ich aus der Gefangenschaft heimgekommen bin, da habe ich schon vorher immer gedacht,
wenn ich heimkomme - ich habe bloß einen Anzug gehabt, einen schönen marineblauen Blazeranzug
, man hat ja auch ein bißchen Spaß daran gehabt -, wenn der noch daheim ist, dann
habe ich wenigstens einen anständigen Anzug. Dann kann ich mich wenigstens sehen lassen
als junger Kerl. Aber der war weg, den haben sie hergegeben. Weil ja nichts da war, hat man
eben müssen. Mein Großvater hat einen hergegeben, mein Vater hat einen hergegeben und den
einen von mir hat man auch hergegeben. Und dann war fast nichts mehr da. Das ist ja nicht
wie jetzt, da hat ja fast jeder ein paar Anzüge. Aber damals war das dann schon schlimm. Man
hat auch keinen kaufen können, es hat ja keinen gegeben«266.

Und auch ein anderes Übel konnte von der Burladinger Bevölkerung nicht verhindert
werden, die Requirierung von Wohnraum zur Unterbringung der französischen Besatzer. »In
der Woche nach dem 22. Juni 1945 wurde das Kinderhaus wieder frei. Kaum war es wieder
leer, als die Franzosen dasselbe wieder beschlagnahmten für evakuierte Kinder aus Paris und
aus der Normandie. 15 Kinder sollen untergebracht werden. Unsere Kleinkinder werden sich
bei schlechtem Wetter im Saal der alten Fabrik Ambrosius Heim aufhalten«267. »Die Franzosen
haben nicht viel gehabt, und das, was sie gebraucht haben, haben sie hier gekriegt. Die haben
selbst nicht viel gehabt und später waren auch noch die Familien da. Ich glaube, bei X.
war auch eine Familie in der Villa. Die haben sich schon die guten Wohnungen herausgesucht
, keine schlechten. Bei uns kamen dann auch Franzosen in die Wohnung. Man hat nichts
machen können, man hat sie eben auch im Haus gehabt. Die waren bei uns im Wohnzimmer,
und wir mußten uns zurückziehen in kleine Zimmer«268. »Ich weiß von der Nachbarschaft,
daß französische Offiziere privat einquartiert worden sind. Es kann auch sein, daß sie in Fabriksälen
untergebracht waren, daß sie in den Fabriken so'n Lager gehabt haben. Es waren
sonst keine Räumlichkeiten da. Der Kommandant der Franzosen war am Anfang in der Villa
vom Josef Mayer. Das Ehepaar Mayer mußte sich dann zurückziehen in ihrem eigenen Haus,
und da haben sich die Franzosen dann breitgemacht. Heraus sind sie nicht aus dem Haus,
aber irgendwo in eine Ecke. Die Offiziere haben sich auf jeden Fall die schöneren Häuser
herausgesucht. Das war so üblich. Die Deutschen haben es ja genauso gemacht«269.

»Bei uns war dann gleich die Kommandantur im Haus, wir haben ja da an der Hauptstraße
gewohnt. Wir haben eben oben im Kinderzimmer gehaust. Unser Haus ist eben so günstig an
der Straße gelegen und war nicht gerade so'n Bauernhaus. Die haben schon die schöneren
Häuser herausgesucht«270. »Außer dem Holz hatte die Gemeindeverwaltung, laut einer >Or-
donnance< von Kreisgouverneur Courtois, Hechingen, zu beschaffen beziehungsweise zur

265 Interview mit Herrn D. am 9.4.1991.

266 Interview mit Herrn A. am 22.1.1991.

267 Chronik der katholischen Pfarrgemeinde Burladingen.

268 Interview mit Frau B. am 18.2.1991.

269 Interview mit Herrn A. am 22.1.1991.

270 Interview mit Frau F. am 16.4.1991.

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