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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0169
Besprechungen

Hatte man schon aus älteren Darstellungen zur hohenzollerischen Geschichte die Erkenntnis
gewinnen müssen, daß die beiden Hohenzollern als staatliche Gebilde lange vor dem
Untergang des alten Reiches politisch überlebt waren, so wird man jetzt von Kallenberg, immer
intim am Denken und Handeln der jeweils regierenden Fürsten beteiligt, in die diplomatischen
Geschicke eingeführt, mit denen das Unmögliche noch ins 19. Jahrhundert gerettet
wurde. Das Staunen über das Überleben des längst nicht mehr Lebensfähigen ist nach dem Lesen
dieses Buches größer als zuvor.

Die von Kallenberg vorgestellte politische Geschichte Hohenzollerns wird durch zwei
kürzere Beiträge zu Einzelereignissen der hohenzollerischen Geschichte im Detail ergänzt.
Zunächst wendet sich Eberhard Gönner in gewohnt souveräner Manier der »Revolution von
1848/49 in den Hohenzollerischen Fürstentümern« zu. Dies ist ein Jahr vor den 150-Jahr-Fei-
ern der 48er Revolution ein durchaus sinnvolles Unternehmen, auch wenn hier gegenüber der
Dissertation des Autors von 1952 kaum neue Erkenntnisse und Sichtweisen präsentiert werden
.

Demgegenüber betritt Otto H. Becker mit seinem Aufsatz über die »Vichy-Regierung in
Sigmaringen 1944/45« Neuland und erledigt beiläufig ein altes Desiderat der hohenzollerischen
Forschung. Dieser zunächst eher »exotisch« wirkende Farbtupfer ergänzt, im übrigen
anschaulich geschildert, den politisch-historischen Überblick Kallenbergs auf glückliche Weise
.

Ein weiterer kurzer Beitrag von Joachim Hahn bewältigt die wichtige Geschichte der »Juden
in Hohenzollern« überblicksartig in Form eines Handbuchartikels. Dies wäre angesichts
der leicht erreichbaren (und bei ihm genannten) weiterführenden Literatur nicht zu bemängeln
, nur bleibt es etwas unverständlich, weshalb nach der minutiösen Vorstellung der politischen
Geschichte dieses für Hohenzollern so bedeutende Thema der Sozialgeschichte in diesem
Band so wenig Raum erhalten hat (S. 410^127).

Ähnlich verhält es sich mit den Beiträgen zur Wirtschafts- und Kulturgeschichte Hohenzollerns
. Dafür, daß hier erstmals ein Versuch unternommen wird, die »Kultur in Hohenzollern
- Kunst, Bildung, Wissenschaft, Presse und Vereinswesen« umfassend abzuhandeln, ist
auch dem Bearbeiter Andreas Zekorn erstaunlich wenig Raum zur Verfügung gestellt worden
(S. 360^-09). Zekorn bewältigt die immense Stoffmasse auf engstem Raum im Grunde mit
Bravour, und es ist ihm zu danken, daß wir hier künftig erstmals das gesamte Thema im
Überblick zu fassen bekommen - insbesondere was bisher eher unterbelichtete Themen wie
Presse, Bildung, Lesegesellschaften und Wissenschaft in Hohenzollern angeht. Problematisch
erscheint allerdings, daß der Autor beispielsweise unter den Stichworten »Bildende Kunst«
oder »Literatur«, gezwungen durch die Enge des Raums, seitenweise Baumeister und Dichter
auflistet, zu denen wir über den Namen hinaus nichts erfahren.

Der zweitgrößte (und eigentlich zweitwichtigste?) Beitrag des Bandes soll zuletzt behandelt
werden, weil sich der Rezensent daran am meisten gerieben hat. Hermann Grees bewältigt
in seiner Darstellung von »Siedlung, Bevölkerung, Wirtschaft« ebenfalls eine enorme
Stoffmasse auf relativ kleinem Raum (S. 307-359) mit den entsprechenden Folgen sowohl für
das Lesevergnügen als auch den Erkenntnisgewinn. Die Wirtschaftsgeschichte und die politisch
-historische Entwicklung bilden ja eigentlich ein Kontinuum und benötigen einander
wechselweise für den historischen Erkenntnisprozeß. Wenn aber die politische Geschichte
und die Wirtschaftsgeschichte in Umfang und Darstellungsform so unterschiedlich realisiert
werden wie hier, geht der Zusammenhang verloren, und man steht zwei scheinbar unverbun-
denen Bereichen der Gesellschaft gegenüber.

Hinzu kommt, daß sich auch bei sinnvoller Gliederung und Kategorisierung der Stoffülle
der Autor zu einem bloßen positivistischen Auflisten des Faktischen gezwungen sah, unter
dem das Moment des Erhellens von Zusammenhängen verloren gehen mußte. Um es nur am
Beispiel des Hausierhandels im Killertal (S. 333) zu verdeutlichen: Hier erhält man auf einer
knappen Seite einige (nicht einmal die bedeutsamsten) Daten zu diesem Thema, aber man er-

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