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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1997/0182
Neues Schrifttum

Andreas Zekorn: Zwischen Habsburg und Hohenzollern. Verfassungs- und Sozialgeschichte
der Stadt Sigmaringen im 17. und 18. Jahrhundert. Sigmaringen: Thorbecke 1996. XXXII,
659 S. (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns Bd. 16)

Vorliegende Tübinger Dissertation, angefertigt bei Volker Press und bereits 1989 abgeschlossen
, sieht sich der Mikrogeschichte verpflichtet. Dies bedeutet, daß nicht nur auf weitgespannte
und zeitlich übergreifende Entwicklungstendenzen geschaut wird, sondern daß man vielmehr
danach fragt, wie derartige Prozesse von den Menschen wahrgenommen wurden und
wie sie in ihren konkreten Lebenssituationen damit umgingen.

Die hohenzollerische Residenzstadt Sigmaringen, mit ihren ca. 650 Einwohnern (im Jahr
1698) von der Dimension eines größeren Dorfes, bietet hierfür ideale Voraussetzungen. Die
Bürger der Stadt dienten nämlich zwei Herren: einmal den Grafen und Fürsten von Hohen-
zollern-Sigmaringen als ihren unmittelbaren Stadtherren, dann aber auch den Habsburgern,
welche die oberste Landes- und Lehensherrschaft über die Stadt ausübten. Die Hohenzollern
suchten nun bei jeder sich bietenden Gelegenheit sich via facti weitere Rechte über die Sigmaringer
anzueignen, was zu entrüsteten Protesten der Bürgerschaft beim Habsburger Erzhaus
führte. Dies wiederum hatte eine verhältnismäßig dichte, schriftliche Uberlieferung zur Folge,
wodurch es möglich wird, viele Lebensbereiche der kleinräumigen Kommune zu beleuchten,
die unter anderen Voraussetzungen wohl im Dunkeln geblieben wären.

Den zeitlichen Rahmen zieht Vf. vom Ende des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Er
begründet dies mit grundlegenden, verfassungsrechtlichen und politischen Veränderungen sowie
mit der Quellenlage und der Forschungssituation. Dergestalt stellt Vf. in einem ersten Teil
die Entwicklung von Verfassung und Sozialstruktur dar, wobei er detailliert auf Schultheißen-
und Bürgermeisteramt eingeht, wie auch auf Rat und Ratsorgane, auf Bürger und Bürgersfrauen
, auf Hintersassen und Hofbedienstete, auf Dienstknechte und Handwerksgesellen. Sodann
ist die Rede von Gericht und Appellationsweg, von Handel und Handwerk sowie von
den kommunalen Betriebsstätten (Ziegelei, Kalkofen, Mühlen).

Daran anschließend geht es um die städtischen Finanzen (Steuern und Kontributionen,
Haushalt und Rechnungsführung), um den städtischen Immobilienbesitz (Pfründen, Heiligenpflegschaften
, Bruderschaften, Roysches Stipendium) und um soziale Einrichtungen (Spital
und Leprosenpflege).

In einem weiteren Teil befaßt sich Vf. zum einen mit den Auseinandersetzungen innerhalb
der Bürgerschaft und zum anderen mit den Konflikten zwischen der Stadt und der zolleri-
schen Obrigkeit. Die hier geschilderten Differenzen nahmen während der Neuzeit ihren Ausgang
von einem Reichskammergerichtsurteil aus dem Jahre 1588, in dessen Folge Graf Karl II.
die Grafschaft als unmittelbares Reichslehen betrachtete und deshalb danach strebte, alle Einflußnahme
Habsburgs zu verhindern.

Durch die Stadtordnungen von 1619 und 1623 wurden für Stadt und Grafschaft Sigmaringen
neue verfassungsrechtliche Grundlagen geschaffen; den Bürgern und Bauern war es gelungen
, ihre Position gegen die Hohenzollern nachhaltig zu festigen. Dennoch ließen sich
letztere keine Gelegenheit entgehen, ihren Einfluß zu verstärken - hierzu dienten ihnen immer
wieder die Interimsphasen nach dem Ableben von Schultheißen und Kassenverwaltern,
freilich ohne dauerhaften Erfolg.

Im Innsbrucker Interimsrezeß 1723 und in den nachfolgenden Lehensbriefen mußte Zollern
letztlich die österreichische Landeshoheit schriftlich anerkennen.

Dank der österreichischen Einflußnahme bewegten sich die Mißhelligkeiten weitestgehend
in gewaltfreien Bahnen und mündeten zumeist in rechtliche Auseinandersetzungen. Ob den
hier beschrittenen Wegen der Konfliktbereinigung paradigmatische Bedeutung zukommt
oder ob es sich um einen Sonderfall handelt, das müßten in Zukunft parallele Untersuchungen
vergleichbarer Kommunen ergeben. (Ersteres zeichnet sich als das Wahrscheinlichere ab.)

Im letzten Teil der Arbeit widmet sich Vf. dem Streit zwischen Habsburg und dem Schwä-

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