Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
34(120).1998
Seite: 101
(PDF, 85 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1998/0115
»Wilsingen, ein Dorf auf den Alpen unweit Trochtelfingen«

neten Stieren umzusehen, weil die schwere Schweizer Rinderrasse für die Verhältnisse der Alb
unbrauchbar erschien70. Dadurch hoffte man die Albrasse gegenüber dem Schweizer Vieh, das
damals mit höchster, königlicher Billigung Einzug in die Ställe der auf Milchleistung bedachten
Hofgüter71 hielt, aufzuwerten, vor allem Kühe, Ochsen und Stiere auf Zugleistung zu bringen,
um sie noch besser im Unterland zu verkaufen, wo die rotblasse Albviehrasse in den Weinbaugemeinden
sehr geschätzt war72. Oft kamen Viehhändler direkt zu den Albbauern und kauften
schöne Tiere aus dem Stall weg, der andere Teil fand über die Viehmärkte in Hayingen, Zwiefalten
und Münsingen Abnehmer im Neckarland. Mit den Viehzüchtern des mittleren Oberschwabens
und des württembergischen Allgäus traten die Albbauern nicht in Kontakt und
Konkurrenz. Am Ende fügten sich aber auch die Wilsinger dem Druck, der mit dem Bevölkerungswachstum
im Zuge der Industrialisierung der Städte im Albvorland die Nachfrage nach
Milchprodukten, wie Butter, Schmalz und Käse, steigen ließ, so daß das Schweizer Vieh (d. i. die
rotbunte Simmenthaler Rasse) die alte Albrasse verdrängte.

Die Schweinehaltung nahm im Verlauf des 19. Jahrhunderts beachtlich zu. Möglich geworden
war dies hauptsächlich durch den vermehrten Kartoffelanbau auf der ehemaligen Brachzeige
. Jeder Bauer mästete nun mehrere Schweine und verkaufte die überzähligen Tiere auf
den herbstlichen Viehmärkten von Hayingen, Zwiefalten, Riedlingen und Trochtelfingen.

4.3 Der Wald in der bäuerlichen Wirtschaft

Die Lagerbücher und die Steuerkataster enthalten keine Eintragungen über individuelle Besitzrechte
der Bauern im Wald und Forst. Gleichwohl hatte jeder das Recht dem Wald Brenn-
und Bauholz zu entnehmen, das Vieh im Wald zu weiden, Streu zu sammeln und Lohe für die
Gerberei zu gewinnen. Die vielseitigen und umfangreichen Nutzungen führten schon in der
Klosterzeit zur Waldvernichtung und zu ersten Einschränkungen der Nutzungsansprüche.
Bereits oben wurde darauf hingewiesen, daß das Kloster Zwiefalten als Obereigentümer gegen
Ende des 16. Jahrhunderts entsprechende Reglementierungen erließ, um die Brenn- und Bauholzversorgung
der bäuerlichen Gemeinschaften zu sichern. Aus dieser Zeit stammt auch der
Begriff der »Holzgerechtigkeit«, mit dem Art und Umfang der Waldnutzung der einzelnen
Bauern umschrieben wurde. In Wilsingen wurde um 1800 eine Holzgerechtigkeit als das
Recht eines »Bauernlehens« definiert, jährlich fünf Klafter Brennholz und Reisig aus den Klosterwaldungen
entnehmen zu dürfen. Ein halbes Bauernlehen und jeder Seidner hatten Anspruch
auf eine halbe Holzgerechtigkeit. Wer Bauholz benötigte, mußte dies dem Klosterbeamten
anzeigen, der dem Bittsteller entsprechende Bäume in besonderen Waldarealen anwies.
Für jeden Stamm Bauholz mußte aber eine Taxe bezahlt werden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts
war der Zustand der Wälder bereits so schlecht, daß man die schädliche Waldweide aufheben
mußte. Der Staat als Rechtsnachfolger des Klosters Zwiefalten bemühte sich darum
schon frühzeitig um eine Separierung der Nutzungen und erreichte dies durch Abtretung von
Waldflächen an die bisherigen Waldgenossen. In diesem Sinn schloß das königliche Forstamt
Zwiefalten am 19. Dezember 18 3 073 mit der Gemeinde Wilsingen einen Abtretungsvertrag, in
dem den 35 Berechtigten für ihre Holzgerechtigkeiten im Umfang von 142 Vi Klafter eine
Waldfläche von 582% Morgen 70 Ruten 75 Fuß (=195 ha) überlassen wurde74. Die Gemeinde

70 StaatsA Ludwigsburg, E 179 II, Bü 2041, Bd. 1, f. 42 v.

71 Einer Verkaufsanzeige der Gräflich Normann'schen Gutsverwaltung im »Intelligenzblatt« vom 7. Januar
1843 ist zu entnehmen, daß Simmenthaler Vieh in Ehrenfels gezüchtet wurde.

72 Vgl. August von Weckherlin: Die Rindviehzucht Württembergs. Stuttgart-Tübingen 1839, S. 180ff.

73 Güterbuch Wilsingen Bd. 1,Vorbemerkungen und OAB Münsingen 1912, S. 901, Tab. V.

74 Dieser Vertrag wurde rechtskräftig am 12. Juli 1831 (StaatsA Sigmaringen, Wü 125a, Bd. 1378 (Kame-
ralamtsgrundbuch Zwiefalten, 7. Heft, S. 105 b); Wü 161/28 (Forstamt Zwiefalten), Bü 113 (Waldabtretungen
in der Gemeinde Wilsingen 1824-1841).

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