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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0033
Alte Strukturen und neue Elemente während der Revolution von 1848/49 in Hohenzollern

diskutiert wurde, konnten solche Forderungen thematisiert werden63. Im übrigen waren bereits
in der Zeit des Vormärz vor allem in Hohenzollern-Sigmaringen unterschiedliche Reformen
durchgeführt, begonnen oder angedacht worden64, die zu einer Beseitigung des Feudalsystems
und seiner Lasten tendierten. So diskutierte man die Zehntfrage beispielsweise
bereits seit 1840 auf dem Sigmaringer Landtag65 und insbesondere auf dem außerordentlichen
Landtag 1848. Die bäuerlichen Begehren bedurften eines gewissen neuen historischen
Kontextes, in dem sie so artikuliert werden konnten wie es 1848 geschah.

Das eben Gesagte gilt in noch stärkerem Maße für die bürgerlich-liberalen Anbringen.
Ganz neuartige, liberale Ideen hatten erst allmählich seit 1830 im Fürstentum Hohenzollern-
Sigmaringen bei der bürgerlichen Intelligenzschicht Eingang gefunden. 1848 fanden diese
neuen Ideen in der Sigmaringer Märzpetition, aber auch in den Hechinger Petitionen ihre erweiterte
Ausformulierung, wobei das Vorbild der badischen Forderungen eine wichtige Rolle
spielte. Die neuen Ideen fanden ihren Ausdruck in den Forderungen unter anderem nach
Pressfreiheit, Religions- und Gewissensfreiheit, Gleichheit staatsbürgerlicher Rechte, Verfassung
; schließlich wurde auch ein deutsches Parlament und damit nationale Einheit verlangt66
.

5.2. NEUE PROTEST- UND ORGANISATIONSFORMEN

Neu und qualitativ anders geartet waren die Protestformen, die im Laufe der Revolution vor
allem in Hohenzollern-Sigmaringen entwickelt wurden. Standen in Hohenzollern-Hechin-
gen das »Eindringen« der Bauern in die Stadt und in Hohenzollern-Sigmaringen die erste
Versammlung und das Abfassen einer Petition am 4. März noch deutlich in der Tradition früher
üblicher Mittel der Auseinandersetzung, so stellten die großen, überregionalen Volksversammlungen
in Hohenzollern-Sigmaringen, vor allem verbunden mit dem bewaffneten Auftreten
des Turnerbundes am 26. September in Sigmaringen, ein Novum dar. Das im März
1848 frisch erworbene Recht auf Versammlungsfreiheit wurde gleich entsprechend genutzt.
Erst relativ spät, 1849, gab es Volksversammlungen in Hohenzollern-Hechingen67.

Neuartig war ebenfalls die Organisationsform der politischen Vereine; sie waren de facto
politische Parteien zur Durchsetzung bestimmter Zielsetzungen. Diese Form der politischen
Vereinigung entstand erst 1848 und war bezeichnenderweise in Sigmaringen stärker ausgeprägt
als in Hechingen68.

Als neues Element kam schließlich die Presse hinzu. Die verschiedenen Zeitungen entwik-
kelten sich zum Teil bereits im Vormärz, vornehmlich aber nach Aufhebung der Pressezensur
1848 zu wichtigen Nachrichten- und Propagandaorganen der jeweiligen politischen Richtungen
in Hohenzollern-Sigmaringen. Besonders die Radikaldemokraten setzten ihre »Parteizeitung
«, den »Erzähler«, wirkungsvoll ein, um die eigenen Ideen zu verbreiten. In
Hechingen wiederum blieb es 1848 bei einer Zeitung, und es entstand keine vergleichbare
Pressevielfalt wie im Fürstentum Sigmaringen69.

63 Wolfgang von Hippel: Die Bauernbefreiung im Königreich Württemberg. 2 Bände. Boppard am
Rhein 1977, hier bes.: Bd. 1, S. 330 ff., S. 480 ff., S. 505, S. 511 ff., S. 517 ff.

64 Gönner (wie Anm. 4), S. 14 ff.

65 Ziegler (wie Anm. 61), S. 65-81.

66 Gönner (wie Anm. 4), S. 23, S. 36 ff., S. 52 ff.

67 Zu den Volksversammlungen: Ebd. (wie Anm. 4), S. 77 f., S. 132, S. 134 f., S. 157 u. öfter.

68 Ebd., S. 72, S. 84 ff., S. 140 ff.

69 Zur Presse 1848: Ebd., bes. S. 27 ff., S. 30, S. 71, S. 88, S. 89 f.

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