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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0037
Alte Strukturen und neue Elemente während der Revolution von 1848/49 in Hohenzollern

es keine vermittelnde, externe Instanz mehr gab. Zudem erfolgte in wesentlichen Punkten
keine Einigung zwischen Fürst und Untertanen. In den Jahrhunderten zuvor kam eine derartige
Konfliktlösung praktisch nicht vor. Zwar wurde gelegentlich Militär eingesetzt, doch
hatte dieser Einsatz in der. Regel den Charakter einer Zwangsmaßnahme, um die Untertanen
zur Zahlung von Abgaben an das Reich beziehungsweise den Schwäbischen Kreis zu treiben.
Ein weitgehender Ausgleich zwischen Herrschaft und Untertanen fand jedoch meist auf dem
Verhandlungswege statt. Es besteht also ein Unterschied zwischen dem Einsatz von Militär
als Zwangsmittel einerseits und zur Niederschlagung eines Aufstands andererseits.82

Neu war es schließlich für die hohenzollerischen Fürstentümer, daß die alte Herrschaft
nicht einfach restituiert wurde, nachdem die Revolution militärisch niedergeschlagen war,
sondern daß die Fürsten ihre Staatsgewalt abtraten.

6. FAZIT

Während der Revolution von 1848 wirkten alte Strukturen in beiden hohenzollerischen Fürstentümern
fort. Sie hatten ihre historisch relativ genau zu fassenden verfassungsgeschichtlichen
und wirtschaftlichen Hintergründe. Charakteristisch sowohl für die Auseinandersetzungen
im Alten Reich wie für die Revolution 1848 war, daß die Unruhen in Hechingen vom
Lande, in Sigmaringen dagegen von der Stadt ausgingen. Die alten Strukturen wirkten sich
dahingehend aus, daß die Revolution in Hechingen noch stärker in der Tradition der bäuerlichen
Revolten stand als in Sigmaringen. Nach der »verpaßten Territorialrevolution von
1806«83 waren die alten Spielregeln für Auseinandersetzungen zwischen Herrschaft und Untertanen
in kleinen Territorien zum Teil erhalten geblieben. Ein gravierender Unterschied zu
früheren Jahrhunderten bestand aber darin, daß externe Vermittler weggefallen waren.

Obwohl die Revolution in beiden Staaten in der Tradition bürgerlich-bäuerlicher Revolten
stand, kamen 1848 zahlreiche neue Elemente ins Spiel: Zeitgemäße, auf die Beseitigung
des Feudalsystems zielende Forderungen wurden formuliert, in Sigmaringen entfalteten zudem
liberale Ideen ihre Wirkungskraft. Im Verlaufe der Revolution entwickelten sich auf der
Grundlage der im März 1848 frisch erworbenen Rechte moderne Protest-, Publikations- und
Organisationsformen. Zudem lassen sich landes- und länderübergreifende Kooperationen
erstmals 1848 bei Auseinandersetzungen mit der Herrschaft feststellen. Die Zusammenarbeit
mit den Revolutionären in anderen Ländern beschränkte sich allerdings im wesentlichen auf
Absprachen. Mit dem Bildungsbürgertum in Sigmaringen gab es eine neue Trägerschicht der
revolutionären Bewegung. Auch die Geistlichkeit übernahm eine wichtige Rolle in der
Revolutionszeit.

Bemerkenswert ist, daß in Sigmaringen ein Konflikt unter massivem Einsatz militärischer
Gewalt ausgetragen wurde, nachdem die externe Vermittlungsmacht Habsburg 1806 ausgefallen
war. Die revolutionären Zielsetzungen wurden nur zu einem Teil durchgesetzt, anders
als früher, als die Erfolgsquote bei Auseinandersetzungen aufgrund eines Eingriffs Habs-
burgs relativ hoch war. In Hechingen dagegen war die Revolution unter anderem wegen einer
gewissen Herrschaftsschwäche ziemlich erfolgreich gewesen, und der Konflikt wurde,
nicht zuletzt auch wegen des mäßigenden Einflusses Pfarrer Blumenstetters, im Gegensatz
zu den früheren Jahrhunderten, ohne Gewalt ausgetragen.

82 Zum begrenzten Einsatz von Militär als Zwangsmittel gegenüber den Untertanen kam es sogar auch
von Seiten Österreichs aber auch von Seiten des Fürsten. Allerdings hatten diese Einsätze nicht das Ausmaß
des Einmarsches der bayrischen Truppen 1848. Vgl. zum Einsatz von Militär, aber auch zollerischer
Jäger in Hohenzollern-Sigmaringen vor 1750: Zekorn (wie Anm. 6), S. 395, S. 399, S. 434, S. 475, S. 505-
509, S. 549.

83 Bumiller, Es lebe die Freiheit (wie Anm. 3), S. 80.

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