Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0087
Revolutionäre Beamte?

in dieser für das Fürstentum so wichtigen Frage ein eindeutiges Mandat des Landtags und damit
der Bevölkerungsmehrheit. Ein solches Mandat hatte er aber nicht erhalten können, denn
der Landtag beschloß, die Sache der Landesregierung vorzulegen, um den Willen des Fürsten
zu erfahren94.

Von konservativer Seite wurde Baur wegen der Begründung seiner Stimmenthaltung
scharf angegriffen. Warum, so wurde gefragt, wollte er vom Landtag nur den Willen der Bevölkerung
in der Mediatisierungsfrage erfahren, aber nicht die Ansicht des Fürsten? Ferner
hielten ihm die Konservativen vor, er hätte ohne Mandat gehandelt, als er einen von Frankfurter
Abgeordneten verfaßten Brief an die preußische Nationalversammlung unterschrieb.
Dieser Brief hatte folgenden Hintergrund: Nach der Gegenrevolution in Preußen im November
1848 und dem Befehl zur Verlegung der preußischen Nationalversammlung von Berlin
nach Brandenburg, hatten Abgeordnete der preußischen Nationalversammlung zur
Steuerverweigerung aufgerufen, was aber keine große Resonanz fand. Die Provisorische
Frankfurter Zentralgewalt versuchte vergeblich, in Preußen vermittelnd einzugreifen. In dieser
Situation hatten Abgeordnete der Paulskirche, darunter Georg Baur, eine Adresse an die
preußische Nationalversammlung verfaßt, in welcher der Aufruf zum Steuerstreik offenbar
gutgeheißen wurde. Die Konservativen im Fürstentum verlangten nun, daß sich ihr Abgeordneter
auch dafür verantworte95.

Da der Angriff anonym geschah, wollte Baur zunächst die Namen der Urheber der in der
Zeitung veröffentlichten Zuschrift wissen, bevor er zu den Vorgängen Stellung nehmen würde
. Gleichzeitig wandte er sich an seine Mitbürger, indem er sie aufrief, sich streng an Recht
und Gesetz zu halten. Aber sie sollten nicht vergessen, daß die Würde des Bürgers es fordert,
und seine Ehre darin besteht, mit Kraft und innerer Selbständigkeit unedlen, sein Recht unterwühlenden
Einflüssen entgegenzustehen^. Baurs streng legalistische, dabei auf die Wahrung
der Bürgerrechte bedachte Auffassung tritt hier eines der letzten Male zutage.

Als erneut dieselben anonymen Kreisen von dem Abgeordneten verlangten, seine Handlungsweise
zu rechtfertigen97, verteidigten ihn liberale Kreise, möglicherweise Anhänger des
sich gerade im Januar 1849 im Fürstentum Hohenzollern-Hechingen konstituierenden
Märzvereins. Sie sprachen Baur das Vertrauen aus und ermutigten ihn, weiter seinem Gewis-

94 VuABl. Hech. Nr. 99 (9.12.1848), Nr. 102 (20.12.1848), Nr. 103 (23.12.1848). - Als der Landtag von
Fürst und Regierung Anfang Dezember eine Stellungnahme zu der Frage erbat, ob das Fürstentum seine
Selbständigkeit erhalten könne, empfand dies Friedrich Wilhelm Konstantin als Hochverrat. Aus Angst,
von Württemberg zwangsmediatisiert zu werden, betrieb er daraufhin den Anschluß Hechingens an
Preußen (Gönner, Revolution [wie Anm. 1] S. 178). - Praktisch zur selben Zeit, als die Abstimmung in
der Nationalversammlung erfolgte, befand sich Fürst Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen in
Frankfurt zu direkten Verhandlungen mit der Zentralgewalt. Am 8. Dezember kam dabei der Entwurf
eines Ubereinkommens zwischen der Reichsregierung und Karl Anton zustande. In dem Vertragsentwurf
war bestimmt, daß Karl Anton Hohenzollern-Sigmaringen der Reichsgewalt abtrete zum Zwecke
und unter der Bedingung der Verschmelzung dieses Fürstentums mit einem der Nachbarstaaten oder der
Verteilung desselben unter die letzteren. Die Abtretung sollte erst erfolgen, wenn die Agnaten des Fürstenhauses
zugestimmt hätten. Von einer Beteiligung des Volkes, wie in dem Antrag der Nationalversammlung
vorgesehen, war nicht die Rede. Das Ubereinkommen war inhaltlich aber nicht sehr weit von
dem genannten Antrag entfernt. Allerdings wurde das Ubereinkommen nicht ratifiziert, und Karl Anton
verfolgte ebenfalls den Anschluß an Preußen (vgl. Gönner, Revolution [wie Anm. 1] S. 176 ff.). - Die
Pläne zur Mediatisierung der kleineren Staaten wurden später, im weiteren Verlauf der Verfassungsdebatte
fallen gelassen, da die deutsche Einheit geplant wurde, wobei alle Einzelstaaten auf Souveränitätsrechte
gegenüber der Reichsgewalt verzichten sollten (Siemann, Revolution [wie Anm. 25], S. 198).

95 VuABl. Hech. Nr. 103 (23.12.1848), Nr. 2 (5.1.1849). Siemann, Die deutsche Revolution (wie Anm.
25), S. 173 ff.; Nipperdey, Deutsche Geschichte (wie Anm. 5), S. 649 ff.

96 VuABl. Hech. Nr. 1 (3.1.1849)

97 VuABl. Hech. Nr. 2 (5.1.1849).

73


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0087