Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0090
Andreas Zekorn

zweites Zentrum zu Beginn der Revolution. Hier war der liberale Empfinger Pfarrer Josef
Sprißler, ein Wessenbergianer, der führende Kopf110. Er und sein Freund, der Sigmaringer
Advokat Carl Wurth111, stellten die maßgeblichen Persönlichkeiten der liberal-revolutionären
Gruppe in der Sigmaringer Ständeversammlung nach 1832 dar. Pfarrer Sprißler war
liberal, aber in seinen Ansichten gemäßigter als Wurth; er schwankte in seinen politischen
Vorstellungen zwischen konstitutioneller Monarchie und Republik. Bei der Wahl zur Frankfurter
Nationalversammlung am 26. April siegte Sprißler über Würth112.

Zur selben Zeit wie Sigmaringen hatte die Revolution auch das hohenzollerische Unterland
ergriffen. Zeitgleich mit der Sigmaringer Petition war am 4. März wahrscheinlich unter
Federführung Pfarrer Sprißlers und Kaufmann Brändles eine Bittschrift abgefaßt worden, in
welcher ebenfalls politisch-liberale und lokale Wünsche vorgetragen wurden. Diese Schrift
war, wie auch die späteren Petitionen, von bäuerlichen Wünschen mitgeprägt113. Am 8. März
fand eine Volksversammlung in Haigerloch statt, in deren Folge die einzelnen Gemeinden eigene
Forderungen einreichten114. Die gesammelten Forderungen des Oberamts Haigerloch
wurden sogar gedruckt, und eine Abordnung von 60 Männern kam nach Sigmaringen, um sie
dem Erbprinzen zu überreichen. Dabei wurde bereits, wohl zum ersten Male, das Abtreten
der fürstlichen Domänen an den Staat verlangt115.

4.3. DAS POLITISCHE VERHALTEN OBERAMTMANN CLAVELS

So stellte sich in groben Zügen skizziert die Situation zu Beginn der Revolution im Oberamt
Haigerloch dar. Kurz nach der Haigerlocher Volksversammlung meldete sich Oberamtmann
Clavel am 12. März 1848 in einem Rundschreiben an seine lieben Mitbürger und Freunde zu
Wort. Seine Sympathie für die revolutionäre Bewegung kommt darin zum Ausdruck, aber
zugleich auch ein Eintreten für den verfassungs- und ordnungsgemäßen Weg. Er forderte seine
Mitbürger auf, die Aussicht auf die naheliegende, so schöne Zukunft, welche uns so freundlich
entgegenlächelt, nicht zu trüben. Er lobte die weitgehend ohne Tumulte verlaufene
Volksversammlung in Haigerloch, und forderte dazu auf, Regierung und Volksvertretung zu
vertrauen, die die gestellten Forderungen allmählich im Interesse des Landes umsetzen würden
. Gleichzeitig setzte er große Hoffnungen auf die erwartete Nationalversammlung, in der
das Volk vertreten sei. Es ist an der Zeit zu zeigen, daß der Bürger sein Recht will, nicht Unordnung
; daß er Freiheit will, nicht freche Willkühr, daß er Garantie dieser Freiheit und nicht
Herrschaft der Zügellosigkeit will, so gab Clavel seine Meinung mit einem Zitat aus der Zeitung
kund. Abschließend rief er nochmals dazu auf, die öffentliche Ordnung und Ruhe nicht
durch ungesetzliches Handeln zu stören116.

110 Zu Joseph Sprißler (1795 - 1879): Eberhard Gönner: Josef Sprißler. In: Kallenberg, Hohenzol-
lern (wie Anm. 68), S. 466-472; Ders., Revolution (wie Anm. 68), S. 29, S. 36 u. öfter; Best/Weege, Biographisches
Handbuch (wie Anm. 57), S. 324 f.

111 Zu Carl Würth (1803 - 1884): Eberhard Gönner: Carl Otto Würth. In: Kallenberg, Hohenzol-
lern (wie Anm. 68), S. 472 - 476; Herbert Natale: Ergänzende Quellen zur Biographie des Dr. jur. Carl
Otto Würth (1803 - 1884). Führer der Sigmaringer Liberalen und Abgeordneten im Paulskirchenparlament
. In: Zeitschr. für Hohenz. Geschichte 12 (1976), S. 163 - 173; Gönner, Revolution (wie Anm. 1),
S. 24 ff., S. 84 ff., S. 101, S. 134 f., S. 144. Best/ Weege, Biographisches Handbuch (wie Anm. 57), S. 365;
Andreas Zekorn: Lesegesellschaften und städtisches Bürgertum in Sigmaringen während der Revolution
1848/49. In: Für die Sache der Freiheit, des Volkes und der Republik (wie Anm. 4), S. 73-95, S. 81 f.

112 Gönner, Revolution (wie Anm. 1), S. 24 ff., S. 76 ff.

113 Gönner, Revolution (wie Anm. 1), S. 36 f., S. 42 ff. Zum Beispiel wurde neben der Abschaffung der
Feudallasten und der Fixierung des Zehnten etwa der Aufschub von Pfändungen bis zur Ernte gefordert.

114 Gemeindearchiv Hart, Stadt Haigerloch, A 852: Forderungen der Gemeinde Hart.

115 Gönner, Revolution (wie Anm. 1), S. 42 ff., S. 163.

116 Gemeindearchiv Hart, Stadt Haigerloch, A 852: Zirkularschreiben Oberamtmann Clavels, 12. 3.

76


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0090