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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0121
THOMAS BRAUN

Der Kreuzweg von St. Luzen in Hechingen.
Ein Bilderzyklus des 18. Jahrhunderts

Der vorliegende Aufsatz entstand aus dem Manuskript eines Vortrags, den der Verfasser am
11. Mai 1998 auf Einladung des Hohenzollerischen Geschichtsvereins in Hechingen gehalten
hat. Er enthält zusätzliche Informationen aus schriftlichen Quellen und Literatur, die zum
Zeitpunkt des Vortrags noch nicht vorlagen. Einige Details können so noch nachgetragen
werden.

Ein Untertitel zu diesem Aufsatz könnte lauten: »Das unbekannte Kunstwerk« oder auch
»Das Kunstwerk im Schatten«. Der St. Luzener Kreuzweg teilt nämlich das Schicksal vieler
Werke, die in geringer räumlicher Distanz zu überregional bedeutenden Kunstwerken dieser
Konkurrenz nicht gewachsen sind. Gegen die Kirche St. Luzen mit ihrer weltberühmten
Ausschmückung und gegen den Kalvarienberg mit den Skulpturen Johann Georg Weckenmanns
kommt der Kreuzweg als Kunstwerk nicht an. In der Literatur zur hohenzollerischen
Kunst wird er als »quanitite negligeable« behandelt; Abbildungen gibt es da fast gar nicht.
Die Plastiken, Skulpturen und Reliefs in den Nischen der Stationshäuschen sind dazu verurteilt
, im zweiten Glied zu stehen, weil man sich im Bereich der bildenden Kunst seit langem
daran gewöhnt hat, als allein gültigen Maßstab nur das ganz Bedeutende, Homogene, Spektakuläre
und Innovative gelten zu lassen.

Dies alles repräsentiert der St. Luzener Kreuzweg nicht. Er ist nicht aus »einem Guß«:
Unschwer läßt sich erkennen, daß mehrere unterschiedliche Hände daran beteiligt waren.
Zudem scheinen diese eine ziemlich ungleiche Begabung besessen zu haben und selbst da, wo
sie am erfolgreichsten waren, blieben sie doch im zweitklassigen Bereich. Wenigstens sieht
das auf den ersten Blick so aus. Das hat der verwöhnte Kunstverständige alles schon einmal
irgendwo besser gesehen. Dessen Interesse blieb folglich gering.

Das geringe Interesse am St. Luzener Kreuzweg hat Folgen: Der Kreuzweg ist substan-
ziell in keiner guten Verfassung. Die mehr oder minder großen Schäden an den Bildwerken
drängen sich dem Betrachter auf. Weit weniger auffällig ist die Zerstörung des dramaturgischen
Zusammenhangs der einzelnen Szenen; sie lassen sich nicht mehr alle identifizieren
und sie haben die vorgeschriebene Reihenfolge eingebüßt. Eingriffe bei Reparaturarbeiten,
mit Irrtümern verbunden, mögen daran Schuld haben. Als bedrückende Zusammenfassung
kann dies gesagt werden: Der St. Luzener Kreuzweg als vielteiliges Kunstwerk ist in seiner
Zusammenstellung uneinheitlich und fragmentarisch und in seiner Zusammensetzung ist er
unrichtig; seine Substanz befindet sich im Zustand fortgeschrittenen Zerfalls. Ursachen und
Folgen des mangelnden Interesses berühren sich.

Es ist nun aber an der Zeit, in diesen circulus vitiosus einzugreifen. Der Kreuzweg als
Kunstwerk hat, in welchem Zustand er sich auch befinden und wie auch immer man ihn in
der Vergangenheit beurteilt haben mag, den Anspruch darauf, vorurteilsfrei als ein Werk seiner
Zeit und seiner Bestimmung gewürdigt und verstanden zu werden. Ein Urteil darüber
steht nur dem zu, der die Annäherung an ein Werk solcher Art mit soviel Wissen wie möglich
und so wenig Vorurteilen wie möglich unternimmt.

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