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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0122
Thomas Braun

Zunächst sollte man sich darüber klar werden, um welche Art von Kunstwerk es sich bei
einem Kreuzweg handelt.

Den Gläubigen bietet der Kreuzweg »das fromm betrachtende Nachschreiten des Leidensweges
Jesu vom Haus des Pilatus bis zum heiligen Grab1«. Was heute vielleicht nicht
mehr so von Bedeutung sein wird, ist die Tatsache, daß die Kreuzwegandacht die einzige
Form der Andacht ist, die mehrmals am Tag mit gültigen Ablässen verrichtet werden kann2.
Das erklärt unter anderem ihre große Beliebtheit bei den Gläubigen in der Vergangenheit.

Die Kreuzwegandacht hat eine speziell franziskanische Tradition. Seit dem H.Jahrhundert
sind die Franziskaner Inhaber der Custodie des heiligen Grabes in Jerusalem, d.h. sie
sind dessen Hüter. Daraus leitete sich das Privileg dieses Ordens ab, Kreuzwege zu errichten.
Das gilt so auch noch heute. Die Entstehung des St. Luzener Kreuzweges dürfte also in engstem
Zusammenhang mit dem dortigen, seit 1585 bestehenden Franziskanerkloster stehen.

Bis zum 15. Jahrhundert beschränkte sich die Arbeit der Franziskaner diesbezüglich aber
auf die Betreuung der abendländischen Jerusalempilger, welche die dortigen historischen
Stätten verehren wollten. Die Franziskaner hatten die Schauplätze des Leidens Christi in die
chronologisch »richtige« Reihenfolge gebracht und hatten damit erreicht, daß der historische
Kreuzweg in Jerusalem nacherlebt werden konnte3. Ihre Arbeit schlug sich auch in vielfältiger
publizistischer Weise nieder4. Farbige und lebhafte Reiseberichte gibt es da, die in der detaillierten
Beschreibung des echten Kreuzwegs gipfeln. Ein 1652 erschienenes Buch eines
Franziskanerpaters schließt gar noch die Augenzeugenberichte über die Seeschlacht seines
venetianischen Kriegsschiffes bei den Dardanellen gegen die türkische Flotte und die Eroberung
einer kleinen griechischen Insel mit ein5, und erzeugt ein Bild davon, daß das Verlangen
nach Andacht und Abenteuerlust sowohl von den Jerusalempilgern als auch von den Daheimgebliebenen
geteilt wurde.

Diese zum Teil sehr populären Schriften erreichten also, daß der Gedanke an den Kreuzweg
volkstümlich wurde. Im 15.Jahrhundert dann entstanden im Abendland die ersten
Kreuzwege mit Bildern, die es erlaubten, sich noch weiter mit dem Leidensweg Christi zu
identifizieren als beim Lesen jener unterhaltenden Schriften6. Im 15. Jahrhundert also liegt
die Geburtsstunde des Kreuzwegs als Zyklus szenischer Bildwerke. Zunächst bestand dieser
Zyklus sehr lange nur aus sieben oder weniger Szenen. Der berühmteste frühe deutsche
Kreuzweg dieses Typs ist zweifellos der, den Adam Krafft 1490 in Nürnberg geschaffen hat.
Folgende Szenen wurden in der Regel dargestellt:

1. Kreuztragung.

Diese Darstellung hatte zu jener Zeit schon eine lange Tradition als Andachtsbild und
wurde für den Kreuzwegzyklus nutzbar gemacht.

2. Der erste Fall Jesu.

3. Die Begegnung mit seiner Mutter Maria.

4. Der zweite Fall Jesu.

5. Das Schweißtuch der Veronika.

6. Der dritte Fall Jesu.

1 Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaften
. IV. Bd., Tübingen 31960. Sp. 53, s.u. »Kreuzweg«, (L. Wiesinger).

2 S. Anm. 1.

3 Günther Saltin: Nimm uns mit auf deinen Weg. Der Kreuzweg. Geschichte, Bilder, Texte, Würzburg
1989, S. 34-35. V.a. das Passionsandachtenbuch des englischen Franziskaners Bethlem aus dem
14. Jahrhundert.

4 S. Anm. 1.

5 Ignatius von Rheinfelden: Newe Jerosolamitysche Bilger-Fahrt. Constantz am Bodensee
MDCLXIV.

6 Lexikon der Kunst. Bd. 4. (F. A. Seemann). Leipzig 1992. S. 67, s.u. »Kreuzweg«.

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