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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1999/0167
HEINRICH BÜCHELER

Handwerker, Bildhauer und Theologen.

Zur Geschichte der Familie Marmon

Nach dem Dreißigjährigen Krieg lag Deutschland verwüstet und verödet. Die Bevölkerung
im Reich soll sich zwischen 1618 und 1648 um mindestens ein Drittel, das heißt um mehrere
Millionen Menschen verringert haben. An Brennpunkten des Krieges waren die Verluste
noch sehr viel größer. »Am schlimmsten waren Regionen wie Württemberg betroffen, wo die
Bevölkerungszahl von 450 000 auf 120 000 Personen zurückging und hundert Jahre brauchte,
um sich wieder zu erholen«1. Die deutschen Territorialfürsten suchten europaweit Einwanderer
aus Gegenden gleicher Konfession, um die Länder zu repeuplieren. Die Fürsten von
Hohenzollern waren darin recht erfolgreich. In beiden ehemaligen Fürstentümern und der
früheren Herrschaft Haigerloch gibt es noch heute eine Reihe angesehener Familien, deren
Namen auf eine Herkunft aus dem italienisch-französisch-schweizerischen Grenzgebiet hinweisen
. Nach Sigmaringen kamen ab 1650 Einwanderer aus Vorarlberg, der Schweiz und
Norditalien; sie waren kenntnisreich auf verschiedenen Gebieten, hatten gute Berufe, die katholische
Konfession und waren schnell integriert; ihre Nachkommen leben heute noch in
Sigmaringen und im Oberen Donautal.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ließen sich in Haigerloch Kaufleute aus Pie-
mont und Savoyen nieder. Unter ihnen war der italienische Handelsherr Melchior Marmon
(1655-1706), der als erster Träger dieses Namens auf hohenzollerischem Gebiet gelten kann.
Interessant ist u.a. die Bezeichnung italienischer Handelsherr, die wohl auf ein Herkommen
aus Piemont hinweist. Gleichzeitig aber heißt es in der Fußnote einer Familien-Chronik: Die
Marmon schrieben bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts ihre Namen nach der alten
französischen Schreibart »Marmont«2. - Diesen Namen Marmont verzeichnet Frankreichs
Militärgeschichte in ihrer großen napoleonischen Epoche: Viesse de Marmont, gebürtig aus
Chätillon sur Seine und fünf Jahre jünger als Napoleon, war Wegbegleiter und Günstling des
Korsen von Toulon 1793 bis Paris 1814. Ein vorzüglicher Kenner dieser Epoche schrieb über
den Marschall: »Marmont, Herzog von Ragusa (heute Dubrownik), einer der tüchtigsten
und gebildetsten Feldherrn des Empire, übenahm den Oberbefehl der geschlagenen Portugalarmee
(10. Mai 1811)«*. Und Golo Mann, mit dem 19. Jahrhundert ebenfalls gut vertraut,
riet: »Lesen Sie die Memoiren des Marschalls Marmont - welches Niveau haben die!«4. Militärische
zwar nicht, aber literarische Begabung ist in den drei Jahrhunderten, in denen das

1 Rolf Broer: Ein Drittel der Deutschen starb während des Dreißigjährigen Krieges. In: Ärzte-Zeitung
Nr. 192 vom 23724. Oktober 1998, S. 24. - Zahlen über Bevölkerungsverluste der einzelnen Provinzen
und Städte vor allem in: C.V. Wedgwood: Der Dreißigjährige Krieg. Bergisch-Gladbach 1983,
S. 472 ff.

2 »Der Schatzgräber. Blätter der Familie Frick«. Nr. 4 vom 30. August 1925, S. 3.

3 Willy Andreas: Das Zeitalter Napoleons und die Erhebung der Völker. Heidelberg 1955, S. 146.

4 Golo Mann in einem Brief an den Verfasser vom 28.1.1980.

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