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Paul Münch

Stael, auf die Janusköpfigkeit Preußens, sein militärisches und sein philosophisches
Doppelgesicht2, Person geworden in der ambivalenten Figur jenes Friedrich, der
für die einen Friedrich II., für die anderen Friedrich der Große ist3. Macht und
Geist, Absolutismus und Aufklärung, Toleranz und Intoleranz, Reform und Reaktion
: Diese und weitere Gegensätze konstatiert der Blick auf Preußen seit dem
18. Jahrhundert4. Sie bilden einen Prüfstein der Gesinnung, der Preußenhasser und
Preußenliebhaber scheidet: Sage mir, wie Du's mit Preußen hältst und ich sage Dir,
wer Du bist. Die Vertreter der schwarzen borussistischen Legende halten die
Preußen samt ihren hohenzollerischen Herrschern für ausgemachte Schurken5, denen
sie eine generelle Mitschuld an jenen unseligen militaristischen und obrigkeitshörigen
Traditionen zuschreiben, die von Friedrich II. über Bismarck und Wilhelm
II. bis zu Hitler geführt haben sollen - eine Sicht, die insbesondere das
Preußenbild des Auslandes bestimmt hat6 und teilweise noch bestimmt. Wer hinge-

2 Preußen zeigte ein Doppelgesicht wie der Januskopf: ein militärisches und ein philosophisches
. Zitiert bei Manfred Schlenke (Hrsg.): Preußen. Beiträge zu einer politischen Kultur.
Reinbek 1981. S.9.

3 Vgl. hierzu: Hans Dollinger (Hrsg.): Friedrich II. von Preußen. Sein Bild im Wandel von
zwei Jahrhunderten. München 1986.

4 Frühe kritische Stimmen: Gotthold Ephraim Lessing nannte Friedrichs Preußen das sklavischste
Land von Europa. Auch der geborene Preuße Johann Joachim Winckelmann äußerte
sich höchst abfällig über seine Heimat: Mein Vaterland drückt der größte Despotismus, welcher
irgend erdacht ist. [...] Es schaudert mich die Haut vom Haupte bis zu den Zehen, wenn
ich an den preußischen Despotismus und an den Schinder der Völker denke, welcher das von
der Natur selbst vermaledeite Land zum Abschaum der Menschheit mit ewigem Fluch bedeckt
hat. Lieber ein beschnittener Türke als ein Preuße! Das Urteil zweier berühmter Schwaben fiel
nicht weniger hart aus. Der Staatsrechtler Friedrich Karl von Moser sprach vom blinden,
dummen, knechtischen Gehorsam preußischer Untertanen, welche ihren Herrn über alles Gesetz
erhaben zu glauben scheinen. Christoph Martin Wieland räumte zwar ein, König Friedrich
sei ein großer Mann, meinte er aber gleichzeitig: [...] von dem Glücke, unter seinem
Stocke (sive Szepter) zu leben, bewahr uns der liebe Hergott! (Zitiert bei Hans Dollinger,
wie Anm. 3, S. 83 f.); vgl. auch: [Joseph Richter]: Lexikon aller Anstössigkeiten und Prahle-
reyen, welche in denen zu Berlin in fünfzehn Bänden erschienenen sogenannten Schriften
Friedrichs des Zweyten vorkommen. Prag 1790 (Nachdruck: Münster 1987).

5 Die absurdeste Verunglimpfung beschimpft die Hohenzollern als die gewalttätigste und daher
berühmteste, jetzt endlich entthronte Familie deutschen Adels hunnischer Abstammung.
Demnach ließ Attila auf seinem Rückzug von Gallien nach Ungarn auf den steilsten süddeutschen
Bergen Sicherheitshaufen zurück. Die Hauptleute dieser Räuberhorden blieben auf den
schwerzugänglichen Basaltkegeln sitzen, um alle in ihrem Greifbereih siedelnden freien
Bauern zu unterjochen und ein ruhmreiches adeliges Räubergeschlecht zu gründen. Vgl.
Ewald Gerhard Seliger: Handbuch des Schwindels (1922). Neudruck: Frankfurt a.M.
1986. S. 106 (Hohenzollern) und S. 108 (Hunnen).

6 Winston Chruchill erklärte 1943 auf der Konferenz von Teheran: Ich möchte hervorheben,
daß Preußen die Wurzel allen Übels ist! Zitiert bei Wolfgang Venohr: Preußentum und Drittes
Reich. In: Guido Knopp (Hrsg.): Preussen Heute. Vorbild oder Last? Aschaffenburg 1982.
S. 30; vgl. auch das Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrats vom 25. Februar 1947, welches
das Ende des Staates Preußen besiegelte: Der Staat Preußen, der seit jeher Träger des Militarismus
und der Reaktion in Deutschland gewesen ist, hat in Wirklichkeit zu bestehen aufgehört.
Zitiert in: Preußen in Hohenzollern. Begleitband zur Ausstellung Sigmaringen 1995. Hrsg.

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