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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2000/0030
Paul Münch

Zeugnis hohenzollerischer Preußenbegeisterung ist das 50jährige Jubiläum der Erbhuldigung
, das am 23. August 1901 begangen wurde71. In der allgemeinen Festesfreude
fand der frühere Souveränitätsverzicht der Fürsten eine durchweg nationale
Umdeutung, die den tatsächlichen Vorgängen Hohn sprach. Niemand wollte sich
mehr an die klammheimliche Abtretungsaktion samt ihren problematischen Besitzverschiebungen
erinnern72. Hingegen rühmte man das große patriotische Opfer, das
die Fürsten Karl Anton und Friedrich Wilhelm Konstantin in echter deutscher Gesinnung
und politischer Einsicht zum Wohle und Segen ihres Volkes gebracht hätten,
eine Argumentation, die zumindest im Hinblick auf den Hechinger Fürsten nicht
frei von Peinlichkeit ist. Erst dadurch sei man in die Lage versetzt worden, die Vorzüge
des Preußenthums, die Pflichttreue, Ordnung und Pünktlichkeit im Beamtenthum
und im Heere genießen zu können. Begeistert jubelten die Hohenzollerischen
Blätter: So beseelt uns am heutigen Tage das Gefühl stolzer Freude, daß wir Preußen
sind. Der Hohenzollerische Landesausschuß richtete an seine Majestät den Kaiser
und König Wilhelm II eine devote Ergebenheitsadresse, in welcher er im Namen
der Bewohner der Hohenzollerischen Lande das Gelöbniß unwandelbarer Treue in
Ehererbietung wiederholte und die Versicherung aussprach, daß die Hohenzollerischen
Lande sich von keinem Landestheile der Preußischen Monarchie in Liebe,
Treue und Verehrung zu ihrem erhabenen Kaiser, König und Herrn übertreffen lassen
würden. Das in tiefster Ehrfurcht verfaßte Schreiben, das Allerhöchst dero Gnade
und Wohlwollen erbat, trug u.a. die Unterschrift von Emil Beizer, der auch während
der Weimarer Zeit zur politischen Elite des Landes gehören sollte - nun allerdings
als gewandelter Demokrat.

Es ergäbe ein zu idealisiertes Bild, wenn man nicht wenigstens kurz daran erinnerte
, daß es im Verhältnis der Bewohner Hohenzollerns zu Preußen auch während
der Kaiserzeit trotz aller Loyalitätsbekundungen zu tiefgreifenden Irritationen gekommen
ist. Der sogenannte Kulturkampf, bei dem ein ultramontan aufgeladener,
erneuerter Katholizismus mit den aufgeklärt liberalen und säkularisierenden Ansichten
und Ansprüchen des neuen, evangelisch grundierten deutschen Nationalstaates
zusammenstieß, mußte gerade in dem fast rein katholischen Ländchen zu
beträchtlichen Konflikten führen73. Obgleich der Anfall an Preußen der hohenzollerischen
Kirche zunächst einen Freiraum verschaffte74, der dem religiösen Leben
einen enormen Aufschwung bescherte, artikulierten sich bald unüberbrückbare
Gegensätze zwischen Kirche und Staat. Es kam zur Vertreibung der Sigmaringer Jesuiten
, der Stettener Franziskaner und der Beuroner Benediktiner, zur Einführung

tische Festkultur im Zollerland während der Kaiserzeit untersucht sind. Vgl. etwa die in ihrer
historischen Argumentation höchst interessante Festrede des Lehrers Lorch zum Sedantag
des Jahres 1876 (Hohenzollernsche Blätter v. 12., 14., 16. und 17. 9.1876); vgl. vorläufig: Eberhard
Gönner, Hechingen in preußischer Zeit (wie Anm. 15), S. 113 f.

71 Vgl. zum folgenden: Hohenzollerische Blätter v. 22., 24., 25. und 27. 8. 1901.

72 Die folgenden Zitate in: Hohenzollerische Blätter v. 24.8.1901.

73 Eine neuere Untersuchung des Kulturkampfes in Hohenzollern ist ein dringendes Desiderat
. Vgl. vorläufig: Adolf Rösch, Der Kulturkampf in Hohenzollern. In: Freiburger Döze-
sanarchiv 43 (1915) S. 1-128.

74 Vgl. als Überblick: Fritz Kallenberg (Hrsg.): Hohenzollern (wie Anm. 15), S. 167-175.

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