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Schwarz - Weiß

aber aus Angst, Pragmatismus, Opportunismus oder falsch verstandener Untertanentreue
unterdrückt worden waren, hatten sich rasch und durchaus radikal artikuliert
. Dies läßt natürlich auch die vorangegangene untertänigste und tiefstehr-
fürchtige Ergebenheitsadresse, wie sie etwa anläßlich des 50jährigen Jubiläums der
Erbhuldigung im Jahre 1901 nach Berlin geschickt worden war, in einem anderen
Licht erscheinen. Entweder war es mit der obrigkeitlicherseits geförderten
Preußenbegeisterung nicht so weit her oder der Kommunallandtag hatte zuvor die
Anliegen des Volkes, zu dessen Sprachrohr er sich nun taktisch klug, wenngleich
ohne wirkliche demokratische Legitimation erklärte, nicht wahrgenommen oder,
was wahrscheinlicher ist, nicht wahrnehmen wollen.

Jetzt artikulierte sich laut vernehmlich der Gedanke einer Trennung von
Preußen, allerdings ohne daß eine realistische Alternative formuliert worden wäre.
Die Devise hieß: Weg von den wesensfremden Nordländern und zurück zu den
süddeutschen und schwäbischen Stammesbrüdern. Ihnen fühlte man sich - ganz im
Sinne der völkischen Strömungen der Zeit - innerlich verwandt:[...] unser Blut ist
von ihrem Blut und unser Bein von ihrem Bein95. Pläne für ein Großschwaben, die
Dr. Beizer favorisierte und über die man jahrelang räsonierte, zerschlugen sich. Da
auch ein Anschluß an Baden oder Württemberg keine realen Chancen besaß, blieb
eigentlich nur die Trennung von Preußen: Wir wollen [...] keine Mußwurttemberger
sein, wie wir keine Mußpreußen sein wollten, sondern das ganze hohenzolleri-
sche Volk soll durch Wahl entscheiden, zu wem es in Zukunft gehören will. Unser
Losungeswort aber wird dann heißen: Loß von Preußen. Trotz dieser separatistischen
Parolen verblieb Hohenzollern schließlich aus pragmatischen und realpolitischen
Erwägungen bei Preußen96.

Die radikale Stimmung, die nach Kriegsende die Bevölkerung bis in die Mittelschichten
hinein erfaßt hatte, verflog rasch. Wie überall formierten sich bald auch in
Hohenzollern die Gegner der neuen Republik. Sie kamen von links und auch von
rechts. Das Sigmaringer Fürstenhaus füllte wie selbstverständlich das Identifikationsvakuum
, das mit der Abschaffung der Monarchie entstanden war, und nutzte
es für seine Zwecke. Während der zwanziger und beginnenden dreißiger Jahre agitierten
die Sigmaringer Fürsten massiv gegen die Weimarer Demokratie. Dies führte
zu lange währenden, tiefen Konflikten mit den preußischen Regierungspräsidenten
vor Ort, den Zentrumsmitgliedern Dr. Emil Beizer und Alfons Scherer97. In einem
von der KPD-Zeitung „Rote Fahne" 1923 publik gemachten Brief an seinen Bruder,
den rumänischen König Ferdinand, entlarvte sich Fürst Wilhelm als ausgemachter

95 Der Zoller v. 7.12.1918

96 In den Hohenzollerischen Blättern war am 24.1.1919 zu lesen: In steuerlicher und wirtschaftlicher
Beziehung fahren wir hei ihm am besten, auch wenn uns Preußen in Zukunft nicht
besser behandeln würde, als die übrigen Provinzen. [...]Es darf allerdings nicht verkannt werden
, daß nach der Beseitigung der Monarchie das besondere Interesse, das Preußen an Hohenzollern
hatte, in Wegfall gekommen ist. Konkret befürchtete man das Herabsinken Hechin-
gens und Sigmaringens auf die Stufe von Landstädtchen dunkelster Sorte (Hohenzollerische
Blätter v. 29.1.1919).

97 Vgl. hierzu Fritz Kallenberg, Alfons Scherer, in: Ders. (Hrsg.): Hohenzollern (wie
Anm. 15), S. 499-506.

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