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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2000/0038
Paul Münch

Republikfeind, dem offensichtlich die gesamte Weimarer Politik zuwider war. Mit
Bezug auf Dr. Beizer schrieb er: Hier in Sigmaringen ist die Stimmung eine ganz zufriedenstellende
, hätten wir nicht in Sigmaringen einen höchst widerwärtigen Regierungspräsidenten
. Der schwarze Mann mit der roten Weste ist eine ganz vertrauensunwürdige
Person, ein Anhänger des heiligen Matthias von Biberach, Erzherger
und ganz im Fahrwasser der beiden Reichskanzler Fehrenbach und Wirth, also Erfüllungspolitiker
nach innen und außen9S. Der bekannte Sigmaringer Titelstreit, der
sich an diesen Diffamierungen entzündete, kann hier aus Zeitgründen nicht dargestellt
werden". In Wilhelm von Hohenzollern und den Regierungspräsidenten Dr.
Beizer und Scherer standen sich gewissermaßen zwei Epochen gegenüber, die politisch
untergehende Adelswelt, deren Standesvorrechte in Preußen im Jahre 1920
aufgehoben worden waren100, und der neue demokratische Staat. Der Sigmaringer
Hof entfaltete in der Residenzstadt - etwa bei Geburtstagen des Fürsten - weiterhin
den feudalen Pomp traditioneller höfischer Festkultur und suchte hierin auch die
Vertreter der Regierung und den Stadtmagistrat einzubinden, so als ob sich die politischen
Verhältnisse nicht grundsätzlich geändert hätten. Bei dem Streit, bei dem
sich die Stadtverwaltung auf die Seite des Fürsten schlug, ging es nur vordergründig
um Symbole. Die alten Reichsfarben schwarz-weiß-rot standen gegen das schwarz-
rot-gold der neuen Republik, die altfeudale Hofetikette, in die sich große Teile der
städtischen Öffentlichkeit nur zu gerne einbinden ließen, stand gegen republikanische
Umgangsformen, die von der prinzipiellen politischen Gleichheit der Personen
ausgingen. Der Streit eskalierte, als nach dem Tode des Fürsten Wilhelm sein
Sohn, Prinz Friedrich Viktor, illegitimerweise weiterhin den Titel Fürst und die Anrede
Hoheit beanspruchte, Regierungspräsident Scherer suchte hingegen behördlicherseits
im mündlichen wie im schriflichen Verkehr die demokratisch heruntergestimmte
Anrede Herr Prinz von Hohenzollern durchzusetzen, ja selbst den Gebrauch
der Worte Hof oder Fürst zu untersagen. Er stieß damit auf den Widerstand
konservativ gesinnter Beamter in den Reichsbehörden und er konnte, was ihn als
Zentrumsmann besonders brüskieren mußte, auch nicht verhindern, daß die katholische
Kirche, vom Freiburger erzbischöflichen Ordinariat bis zur Kurie in Rom,
mit dem Fürsten weiterhin in den alten Formen verkehrte. Als Prinz Friedrich
schließlich mit dem Abzug des Hofes nach Bayern drohte, gelang es der Stadt Sigmaringen
, die erhebliche wirtschaftliche Nachteile befürchtete, 1931 beim preußischen
Innenminister Severing die Versetzung Scherers in den einstweiligen Ruhestand
durchzusetzen. Mit diesem Vorgang, den manche offensichtlich als einen Weg
der Erlösung empfanden, war nach dem lapidaren Urteil Fritz Kallenbergs die Sigmaringer
Welt wieder in Ordnung 101.

98 Zitiert bei Karl Sauerland. Fritz Kallenberg (Hohenzollern [wie Anm. 15], S. 187) gibt
das Zitat an entscheidender Stelle anders wieder. Er schreibt, offensichtlich durch eine handschriftliche
Korrekur veranlaßt: [...] ist eine ganz vertrauenswürdige Person [...].

99 Vgl. Maren Kuhn-Rehfus (Hrsg.): Sigmaringen. Sigmaringendorf 1989. S. 76 ff.; Fritz
Kallenberg (Hrsg.): Hohenzollern (wie Anm. 15), S. 185-197.

100 Vgl. Fritz Kallenberg (Hrsg.): Hohenzollern (wie Anm. 15), S. 186.

101 Vgl. ebd., S. 196

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