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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2000/0119
Gustav Bregenzer 1850-1919

Schon 1924 beurteilte Ansgar Pöllmann Bregenzers Bildniskunst differenzierter.
Anlaß war eine Ausstellung des Sigmaringer Gewerbevereins, auf der beispielsweise
Porträts wie das des Geistlichen Rats Thomas Geiselhart, des Hofjuweliers Zimmerer
, der Alten mit dem Rosenkranz, der Tochter Josefine (Abb. 9) präsentiert wurden
, die die Kunst Bregenzers in Höhen, auf die ihm der Durchschnitt des Bürgertums
nicht mehr zu folgen vermag, zeigten17. Klarsichtig betonte Pöllmann damals
etwas, was heute mehr denn je gilt: Wir müssen also, um zum Kerne seiner Seele vorzudringen
, und um ihn so zu nehmen, wie er genommen sein wollte, wie er sich
selbst nahm, wie er in Zukunft genommen werden wird, ganz von seiner Sigmarin-
gischen Umwelt, von seinen künstlerischen Objekten und von seinen stofflichen Anregungen
absehen18. Dennoch hat es vermutlich die Mehrzahl der Ausstellungsbesucher
der Sigmaringer Gedenkausstellung in der Städtischen Galerie Alte Schule
besonders gefreut, so genaue Bildlegenden zu lesen, wie „Raibles Dackel", „Hand
von Josefine" oder „Hand von Frau Schramm", oder „Tochter des Drogisten
Quirin Müller".

Aber man muß sich auch darüber im Klaren sein, daß man damit allein im oberflächlich
Biographischen verharrt; die zahlreichen hübschen Anekdoten über des
Malers Leben bewirken ja im Grunde nichts anderes. Für die Kunstgeschichte, die
nach anderen Kriterien urteilt, bleibt das naturgemäß zweitrangig - das künstlerische
Werk, seine Funktion und Wirkung stehen zur Debatte.

Natürlich bedingen und bestimmen Werk und Lebensgeschichte eines Künstlers
einander wechselseitig. Oft wird dieser Zusammenhang allerdings undialektisch in
einfacher Kausalität gesehen, so etwa wenn man nur die stofflichen Motive aus der
Biographie erklärt. Erst wenn Werk und Biographie sich gegenseitig erhellen, wird
ein Grundcharakter sichtbar. Die Darstellung einer schöpferischen Persönlichkeit
und die adäquate Deutung ihres Werks erfordern, dies zu berücksichtigen.

Daß Bregenzer durchaus auch die zeitgenössische Kunstentwicklung zur Kenntnis
nahm, die er nicht zuletzt auch auf seinen Reisen 1895 nach Italien, 1902 nach
Paris und in die Niederlande wohl kennenlernen konnte, läßt sich in seinem Werk
vielfach belegen. Wenn der als „Vater des Impressionismus" bezeichnete Eugene
Boudin (1824-1900) erklärte, daß drei Pinselstriche nach der Natur mehr wert seien
als zwei Tage Arbeit am Staffeleibild, so dürfte Bregenzer mit ihm übereingestimmt
haben. Von seiner Auseinandersetzung mit der Freilichtmalerei zeugt sein geradezu
leidenschaftliches Plädoyer für die Arbeit nach der Natur; nur in der unmittelbaren
Anschauung derselben könne man selbständig sehen und auffassen lernen, erklärte
er. Nicht Schönzeichnen nach Vorlagen, sondern richtig zeichnen nach der Natur,
darauf kam es ihm an. Dementsprechend lehnte er das Arbeiten nach Vorlagen im
Zeichenunterricht strikt ab19.

In den zunächst wohl eher privaten Bildnissen seiner Kinder hellt sich die Palette
in den 80iger/90iger Jahren deutlich auf. Nicht erst in den Jahren nach 1900 nähert
sich Bregenzer mit lockerem Pinselstrich, der rasch und sicher das Wechselspiel von

17 Ansgar Pöllmann: Hohenzollerische Kunst II. In: HVZ vom 9.10.1924.

18 Ebd.

19 HVZ vom 18.7.1912.

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