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Neues Schrifttum

sten; ihre Nahrung eintönig und bescheiden, ihre Zukunft ungesichert, ihre Kleidung
abgetragen und fadenscheinig, ihre Wohnung ärmlich, beengt und schmucklos
. Gründlich aufgeräumt wird mit der Vorstellung einer vorindustriellen Großfamilie
, bei der drei Generationen unter einem Dach lebten: Die Konstanzer Haushalte
umfaßten während des untersuchten Zeitraums durchschnittlich 3,75 Mitglieder
; der Zwei-Personen-Haushalt stellte die häufigste Haushaltsform dar; Klein-
und Rumpffamilien waren allenthalben anzutreffen. Mit überaus großer Dankbarkeit
registriert der Rezensent einen Seitenhieb auf einige gängige Schulbücher, in
denen auch heute immer noch die Legende der vorindustriellen Großfamilie kolportiert
wird (S. 277). Ein gähnender Abgrund tut sich hier auf zwischen Schulbuch
und aktueller Forschung, und man muß sich in der Tat fragen, wodurch sich die Autoren
der genannten Schulbücher zum Abfassen derselben qualifiziert hatten.

Die vorliegende Arbeit zeichnet sich in erster Linie aus durch eine kaum noch zu
überbietende Gründlichkeit, was freilich zu Lasten der Lesbarkeit geht. Aber es
dürfte sicher sein, daß weder Goethe noch Schiller es geschafft hätten, diesen gewaltigen
Wust von Zahlen in ein Textgewand von befriedigender Gefälligkeit zu kleiden
. Und wahrscheinlich wäre es nicht einmal Karl May gelungen, die vielen Prozentwerte
in größerem Ausmaß mit Spannung zu erfüllen. Als zweites hervorstechendes
Merkmal sei die bestechende Exaktheit im Methodischen genannt - die
Quellenkritik erhält hier geradezu naturwissenschaftlichen Charakter.

Derartige Arbeiten sind selten, denn sie sind schwer zu schreiben und schwer zu
lesen. Dennoch sind sie äußerst wichtig, und es ist erfreulich, daß trotz alledem immer
wieder eine davon entsteht.

Albstadt/Tübingen Peter Thaddäus Lang

Wolfgang Schmale/Reinhard Stauber (Hg.): Menschen und Grenzen in der Frühen
Neuzeit. Berlin: Berlin Verlag A. Spitz 1998. 347 S. Abb. u. Karten (Innovationen
Bd. 2).

Das Wort Grenze hat Konjunktur. Erwartungen an die Staaten, ihr abgegrenztes
Territorium umfassend zu kontrollieren und wirtschaftlich weiterzuentwickeln,
müssen zurückgeschraubt werden. Regionen konstituieren sich grenzübergreifend
als Identitäts- und Interessengemeinschaften. Die Uberwindung ethnischer, sozialer
und anderer kultureller Grenzen ist geradezu zum Gesellschaftsspiel geworden
(vgl. S. 19). Das Anliegen der Herausgeber ist es, „in der Art eines wissenschaftlichen
Lesebuchs die sehr verschiedenen ... Aspekte der Grenzthematik ... auszuloten
". Sie verstehen die Frühe Neuzeit als „Schlüsselepoche" bei Grenzziehungen
jeglicher Art (Zit. S. 21).

Winfried Schulze arbeitet im Anschluss an Ludwig Schmugge heraus, wie bereits
zur Zeit der Mobilisierung der mittelalterlichen Gesellschaft nationale Vorurteile
eine neue Qualitätsstufe erreichten (S. 38). Die bis in die heutige Zeit wirksame Nationalisierung
der europäischen Kulturen sieht er jedoch durch den Humanismus

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