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Besprechungen

technischer Homogenität des Staates nutzten sich an der alltäglichen Renitenz seiner
Untertanen ab. Ohne auf die Widerstandsforschung ausdrücklich Bezug zu
nehmen, zeichnet Michaela Hohkamp ein ähnliches Bild der zeitgenössischen Herrschafts
- und Konfliktmuster, wie es etwa Robert von Friedburg für Hessen-Kassel
entwickelt hat. Die gut entwickelte Forschung zu alltäglichen Ehrenhändeln und
Gewaltanwendung in der Frühen Neuzeit vermag sie durch ihre Auswertung der
Gerichtsprotokolle allerdings nicht wesentlich zu bereichern.

Freiburg i.Br. Martin Zürn

Stefan ]. Dietrich: Christentum und Revolution. Die christlichen Kirchen in Württemberg
1848-1852. Paderborn u.a.: Schöning 1996. 490S. (Veröffentlichungen
der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen Bd. 71).

Die Ereignisse der Revolution von 1848/49 haben bekanntermaßen auf das Verhältnis
von Staat und Kirche einen nachhaltigen Einfluß gehabt und die Ausprägung einer
Autonomie der Religionsgesellschaften erheblich begünstigt. Die in jenen Jahren
festzustellende allgemeine Politisierung der Bevölkerung führte zumal bei den
in protestantisch regierten Staaten bisher eher niedergehaltenen Katholiken zu einem
Emanzipationsschub mit starken Auswirkungen auf das öffentliche wie kirchliche
Leben. Das Königreich Württemberg stellt auf diesem Hintergrund ein interessantes
Untersuchungsfeld dar, da hier die orthodox-lutherisch und pietistisch geprägten
altwürttembergischen Gebiete den weitgehend katholisch dominierten
neuwürttembergischen Gebieten gegenüberstanden.

Dietrich hat sich in seiner intensiven und detailreichen Studie der Ausprägung
dieses Verhältnisses angenommen. In acht Hauptkapiteln („Heilsgeschichtliche Interpretationen
", „Freiheit", „Deutschland", „Kirche und Staat", „Kirche und
Volksschule", „Soziale Frage", „Vereine", „Bewältigung der Revolution") untersucht
er minutiös unter Heranziehung der zeitgenössischen Literatur, Flugschriften
und so genannten „grauen Literatur" die spezifischen Positionen sowohl der katholischen
wie der evangelischen Konfession, deren Hintergründe im Zuge der sich
verändernden Revolution und deren Auswirkungen auf das sich ausprägende kirchliche
, religiöse und politische Milieu.

In besonderer Weise geht es Dietrich dabei um die Herausstellung geistesgeschichtlicher
Prozesse, als bewußte Ergänzung der bisher in der historischen Forschung
vorrangig betriebenen Untersuchungen des Verhältnisses Kirche - Staat
bzw. der Reformen der Kirchenverfassung. Es geht ihm um die „Perzeption der Revolution
durch die christlichen Kirchen" und damit um einen Beitrag zur alltags-
bzw. mentalitätsgeschichtlichen Forschung. Auf dieser Grundlage sieht Dietrich
das Königreich Württemberg durch den Gegensatz zwischen dem durch lutherische
Orthodoxie und Pietismus geprägten Altwürttemberg und dem überwiegend
katholischen Neuwürttemberg charakterisiert. Die konfessionelle Herkunft der

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