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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2000/0235
Besprechungen

nem behutsameren Vorgehen veranlasste. Zum anderen unterstützte Österreich
wohl aus politischen Gründen die proösterreichische Partei innerhalb des Ortes
Unlingen bei ihrer Forderung nach einem Hexenprozess gegen waldburgtreue, innerdörfliche
Widersacher.

Weitere Beiträge befassen sich mit „Jaunern" und Räuberbanden {Wolfgang
Seidenspinner), Waldensern, Glaubensflüchtlingen in Württemberg {Theo Kief-
ner), konfessionellen Minderheiten in südwestdeutschen Reichsstädten {Franz
Quarthai) und Katholiken in Stuttgart {Joachim Köhler). Den Versuchen, Sinti
und Roma im Zeitalter aufklärerischer Reformen in die Gesellschaft zu integrieren
, war nur wenig Erfolg beschieden, wie Thomas Fricke darlegt. Nach einer vorübergehenden
Besserung der Lage der Zigeuner in den ersten Dritteln des
19. Jahrhunderts verschlechterte sie sich wieder. Den grausamen Kulminationspunkt
dieser Entwicklung bildete die Verfolgung der Zigeuner im Dritten Reich.
Meisterlich bietet anschließend Paul Sauer einen kurzen Uberblick über die Geschichte
der Juden im Südwesten seit dem Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Die
Thematik vertiefend befasst sich Birgit Schneider mit „Religion und Bildung der
württembergischen Juden im 19. Jahrhundert." Insbesondere hebt sie auf die
Spannungen zwischen orthodoxem Landjudentum und städtischem Reformjudentum
, das Assimilation durch Bildung erreichte, ab. Mit der Assimilation gingen
steigende religiöse Indifferenz und wachsende Distanz zur religiösen Praxis
einher. Alexander Sagi beschreibt, wie sich die Behandlung geistig Behinderter
wandelte: von den vergeblichen und oft auch grausamen Heilungsversuchen im
Zeichen aufklärerischen Denkens bis zur Anerkennung der Unheilbarkeit der Behinderten
, womit der Weg zu deren Therapie und Förderung beschritten wurde.
Burkhard Jellonnek untersucht die Verfolgung von homosexuellen Männern im
Dritten Reich und deren Leiden. Der abschließende Beitrag von Roland Peter beschäftigt
sich mit „ausländischen Zwangsarbeitern im Baden des Zweiten Weltkriegs
" und zeigt auf, dass die in der Landwirtschaft eingesetzten Zwangsarbeiter
von der Landbevölkerung im allgemeinen relativ gut behandelt wurden, dafür war
der Umgang mit Zwangsarbeitern in der Wirtschaft häufig inhuman. Eine bessere
Behandlung erfolgte nur aus Profitstreben. In seinem Fazit hält er fest, dass die
NS-Führung ohne den Einsatz von Zwangsarbeitern spätestens 1942 zu Maßnahmen
hätte greifen müssen, „die sie nach den Erfahrungen der Novemberrevolution
1918 und im Interesse einer starken inneren Front vermeiden wollte: zum
Beispiel den Arbeitseinsatz der deutschen Frauen."

Das Buch strebt, nach eigenem Bekunden, weder thematische noch historische
Vollständigkeit an; die in ihm vereinigten Aufsätze vermitteln jedoch einen Überblick
über die Geschichte der genannten Minderheiten und Randgruppen. Insbesondere
sind die Beiträge im allgemeinen gut lesbar und auch für ein breiteres Publikum
geeignet, das sich für die Thematik interessiert. Der Band bietet gewiss keine
vergnügliche Lektüre, wenn aufgezeigt wird, wie unmenschlich, grausam und barbarisch
zeitweilig mit Randgruppen und Minderheiten in der Geschichte verfahren
wurde: von den Hexenprozessen bis hin zu den Untaten im Dritten Reich. Der
Umgang mit Randgruppen wird gleichsam zum Prüfstein für den Grad der Humanität
, den eine Gesellschaft erreicht hat. Insofern regt das Buch zum Nachdenken

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