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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0139
Hohenzollern im Jahre 1862 mit den Augen einer englischen Preußin

Tatsächlich sollte Victorias weiterer Lebensweg vorrangig vom Konflikt zwischen
ihrer eigentlichen Herkunft und ihrem nunmehrigen Wirkungskreis bestimmt werden
. Ihre unvorsichtig geäußerte Kritik an den ihr rückständig erscheinenden politischen
und sozialen Verhältnissen in Preußen wurde mit oftmals polemischen Anfeindungen
von seiten der Hofgesellschaft, der Bürokratie und des Militärs quittiert; ihre
anhaltend enge Beziehung zu ihrem Heimatland galt vielen als Indiz für Illoyalität
und ließ zudem eine ungünstige Beeinflussung ihres Mannes befürchten. Das private
Glück des Thronfolgerpaares wurde indessen durch eine körperliche Behinderung
seines ersten Kindes, dem auch in seiner geistigen Entwicklung nicht den ehrgeizigen
Erwartungen Victorias entsprechenden nachmaligen Kaiser Wilhelm II. (1859 - 1941)
sowie den frühen Tod zweier weiterer Söhne getrübt. Nach der Thronbesteigung
Wilhelms I. im Jahre 1861 sollte sich an der prekären Situation des Kronprinzenpaares
wenig ändern, zumal auch in der Person von Victorias Schwiegermutter Augusta
(1811 - 1890), einer geborenen Prinzessin von Sachsen-Weimar-Eisenach, auf Grund
von charakterlichen Differenzen - trotz gemeinsamer liberaler Ansichten - kein
wirklicher Rückhalt zu finden war. Die nun einsetzende, fast drei Jahrzehnte
währende Phase des Wartens auf einen erneuten Herrscherwechsel wurde zum einen
vom Engagement auf Gebieten wie etwa der Förderung von Kunst und Handwerk
oder der Verbesserung des Bildungs- und Gesundheitswesens, andererseits von den
kriegerischen Auseinandersetzungen Preußens mit Dänemark, Osterreich und
Frankreich gekennzeichnet, die letztlich 1871 zur Gründung des Deutschen Reichs
unter preußischer Hegemonie führten und von Victoria naturgemäß eher ambivalent
aufgenommen wurden.

Als im Herbst 1886 eine Erkrankung ihres Mannes an Kehlkopfkrebs diagnostiziert
wurde, begann für das Kronprinzenpaar ein desperater Wettlauf mit der Zeit.
Victorias äußerlich zur Schau getragene Gefasstheit wurde ihr von gegnerischer Seite
als Gefühlskälte angelastet, während die Wahl der behandelnden Arzte abermals im
deutsch-englischen Spannungsfeld zum Politikum geriet. Nach dem Ableben des beinahe
einundneunzigjährigen Kaiser Wilhelms I. am 9. März 1888 gelangte schließlich
Victorias mittlerweile sterbenskranker Ehemann als Friedrich III. auf den Thron, wo
ihm jedoch nur noch eine dreimonatige Regierungszeit beschieden war. Mit dem am
15. Juni erfogten Tod des „99-Tage-Kaisers" waren für sie alle Hoffnungen auf eine
Umgestaltung Deutschlands nach dem parlamentarischen Vorbild Englands gegenstandslos
geworden. Das konfliktreiche Verhältnis zu ihrem Sohn und jetzigen
Regenten Wilhelm II. ließ ein Verbleiben am Berliner Hof unhaltbar erscheinen, weshalb
sich die fortan den Vornamen ihres Mannes führende Kaiserin Friedrich umgehend
auf die Suche nach einem geeigneten Witwensitz begab. In Kronberg im Taunus
, das ihr durch frühere Aufenthalte in Homburg sowie die Nähe zu einer in Hessen
verheirateten Tochter vertraut war, wurde sie bald darauf fündig. In dem dort in
ihrem Auftrag bis 1894 errichteten Schloss Friedrichshof verbrachte die Monarchin,
umgeben von ihren Kunstsammlungen und den sie besuchenden Angehörigen und
Vertrauten, ihre letzten Lebensjahre und verstarb am 5. August 1901 gleichfalls an den
Folgen einer Krebserkrankung.

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